Aufstiegschance und Abstiegsangst

Von Theo Geers und Jochen Rack · 23.03.2013
Die Mittelschicht galt lange Zeit als das Maß aller Dinge. Der Aufstieg in die Mittelschicht war das Wohlstandsversprechen des Wirtschaftswunders, und ihr gesellschaftlicher Ort war nicht nur durch das Bausparen, das Eigenheim, das Mittelklasseauto und den Jahresurlaub definiert.
Die Mittelschicht definierte sich als Leistungsträger, aber ebenso durch ihre Teilhabe an Bildung, Kultur und bürgerlichen Werten.

Die Mitte pocht auf Selbstverwirklichung, Lebenschancen und soziale Gerechtigkeit, ist politisch engagiert, pflegt Selbstständigkeit, Moral, Gemeinsinn und Wohltätigkeit.

Über die Hälfte aller Deutschen gehört soziologisch zur Mittelschicht.

In der Mitte lässt es sich gut leben, Freiheit und Freizeit, Konsum wie Konsumkritik gehören zum Mittelstand. Doch in der letzten Zeit hat ein Gefühl der Unsicherheit und Angst vor sozialem Abstieg die Mittelschicht erfasst.

Die Einkommen stagnieren, die Steuern und Preise steigen, die Rente ist nicht mehr sicher. Durch die Globalisierung und die Veränderung des Arbeitsmarktes sind Berufskarrieren und Familiengründungen schwieriger geworden. Verfolgt von "Statuspanik" grenzt man sich stärker von der Unterschicht ab und schaut skeptisch auf die reicher werdende Oberschicht.

Gäste:

Thomas Brussig

Professor Steffen Mau

Inge Kloepfer (Wikipedia)

Literatur

Lebenschancen
von Steffen Mau
Wohin driftet die Mittelschicht?
2012 Suhrkamp
"Wie kann eine Gesellschaft, die immer mehr von Ungleichheit und Wettbewerb bestimmt ist, dem individuellen Anspruch auf Lebenschancen noch gerecht werden? Und wie kann die breite Mittelschicht für ein solches Unterfangen gewonnen werden?"
Die Mittelschicht? Das sind eigentlich (noch) die meisten von uns doch diese Gruppe steht immer stärker unter Druck. Sie schrumpft, ist mit wachsenden Ungleichheiten konfrontiert und erlebt eine Vermarktlichung vieler Lebensbereiche. Das Vertrauen in den kollektiven Aufstieg ist passé, die Statusangst wächst. Steffen Mau bündelt pointiert Befunde und Perspektiven zur Transformation der Mitte. Und er präsentiert eine Alternative zur Ungleichverteilung von Chancen und zur allgegenwärtigen Unsicherheit: den Lebenschancenkredit, ein Polster, das wir nutzen könnten, um uns weiterzubilden, soziale Risiken abzufedern oder Zeit für Pflege und Erziehung zu gewinnen.

Aufstand der Unterschicht
von Inge Kloepfer
Was auf uns zukommt.
2008 Hoffmann und Campe
"Du musst unberechenbar bleiben. Dann haben alle Angst vor dir." Deutschland hat eine neue Unterschicht - und die wird stetig größer. 20 Prozent der heutigen Kinder werden chancenlos bleiben und keine Zukunft haben. Noch ist es ruhig. Doch das muss nicht so bleiben. Inge Kloepfer zeigt, warum es sich lohnt, in die Potenziale der vermeintlichen Verlierer zu investieren. Jascha ist ein Unterschichtenkind. Er ist in der falschen Familie aufgewachsen, hat im falschen Viertel gelebt und die falschen Schulen besucht. Er wird der Allgemeinheit ein Leben lang zur Last fallen. Dieses Buch erzählt Jaschas Geschichte und analysiert sie im Hinblick auf die vielen Millionen, die sein Schicksal teilen. Es zeigt, wie ein junger Mensch zum Systemverlierer gemacht wird, und offenbart das Versagen der Gesellschaft, das zu verhindern. Dabei gibt es in Deutschland längst das Wissen und auch die Mittel, gegenzusteuern."Unser dramatisch alterndes Land braucht jeden Einzelnen", konstatiert die Volkswirtin Kloepfer. Anschaulich und eindringlich zeigt sie, warum es so wichtig ist, schnellstens zu handeln