Aufstieg und Fall eines begnadeten Literaten

23.04.2007
Durch "Frühstück bei Tiffany" wurde Truman Capote zum populärsten Schriftsteller der USA. Er verkehrte im Weißen Haus und tourte mit den Rolling Stones. Doch 1975 kam der Absturz: Die High Society verstieß ihn, Capote richtete sich mit Alkohol und Drogen zugrunde. Gerald Clarke zeichnet den rasanten Aufstieg und den tiefen Fall des Schriftstellers nach.
Der amerikanische Schriftsteller Truman Capote sah sich selbst als der Marcel Proust Amerikas, und einen Romanstoff Capotes kennt wirklich jeder: "Frühstück bei Tiffany", 1961 unvergesslich verfilmt mit Audrey Hepburn in der Hauptrolle der Holly Golightly. Truman Capote starb 1984 an einer Überdosis Tabletten.

Nun ist eine Biographie über ihn in Deutschland erschienen (USA 1988): "Truman Capote. Eine Biographie.", geschrieben hat sie der amerikanische Journalist Gerald Clarke. Clarke wurde in den USA berühmt durch seine Portraits unter anderem von Marlene Dietrich, Alfred Hitchcock und Vladimir Nabokov.

Gerald Clarke und Truman Capote waren die letzten Jahre vor dessen Tod eng befreundet und haben sich oft getroffen. In dieser Zeit hat Capote Clarke autorisiert, eine offizielle, allein gültige Biographie über ihn zu schreiben, und er hat ihm seine komplette Korrespondenz, also hunderte von Briefen vererbt, Zeitzeugnisse aus 40 Jahren, die auch einen wichtigen Teil der Biographie ausmachen. Nach Capotes Tod, so Clarke, habe er sich zunächst geradezu darauf gefreut, diese authentische Biographie schreiben zu dürfen, die dann aber zu einer der quälendsten Arbeiten seines Lebens geworden sei; in seinem Nachwort beschreibt Clarke, wie er zusammen mit Capotes Freund Jack Dunphy Capotes Asche an einem Seeufer verstreut hat.

Truman Capote war 1.58 Meter groß, ein Mann mit einer piepsigen Kinderstimme. Nicht lange vor seinem Tod sagte er über sich selbst: "Ich bin schwul, ich bin süchtig, ich bin ein Genie.", und - so müsste man hinzufügen - über weite Strecken seines Lebens "ein armes Schwein". Sein leiblicher Vater war ein Hochstapler, seine Mutter Alkoholikerin. Capote mutierte zu einem literarischen Glückskind. Nur auf Grund von ein paar Kurzgeschichten in Magazinen wurde er zu einer Art Popstar, schrieb daraufhin Broadway-Stücke, Filmdrehbücher und eben unter anderem "Frühstück bei Tiffany".

Zu Lebzeiten galt er als der populärste Schriftsteller Amerikas: Er verkehrte im Weißen Haus, der Schah von Persien lud ihn ein, und die Rolling Stones nahmen ihn mit auf Tour. 1975 aber veröffentlichte er das erste Kapitel seines nie erschienenen Romans "answered prayers", eine gnadenlose autobiographische Abrechnung mit der amerikanischen High-Society, die ihn daraufhin zu ihrem Feind erklärte; die letzten zehn Jahre seines Lebens bestanden aus Alkohol und Kokain.

Clarkes Capote-Biographie liest sich wie ein hoch spannender Roman, wie ein Thriller teilweise. Der Leser unternimmt eine Achterbahnfahrt durch die intimen Geheimnisse der amerikanischen Upper-Class; Sex-in-the-City mutet dagegen harmlos an. Damit hat Clarke ein großes Zeit- und Sittengemälde der USA des 20. Jahrhunderts geschaffen, und er hat auch ein neues Bild des Literaten Truman Capote erschlossen. Clarke zeichnet das Psychogramm eines vermeintlich genialen und superkreativen Autors, der eigentlich ständig überfordert war; und allein dieses existentielle Überfordertsein provozierte jene Sprache, die Kritiker dann als genial bezeichneten.

"Truman Capote. Eine Biographie." von Gerald Clarke ist ein ultimativer Lese-Tipp. Was den Leser erwartet? Aus einem Brief Capotes über Jacqueline Kennedy: "Sie war … verletzt, weil sie wusste, dass er diese anderen Weiber bumste." Und der Satz, der auf Capotes Grabstein steht: "Das Gehirn mag Rat annehmen, aber nicht das Herz."

Rezensiert von Lutz Bunk

Gerald Clarke: Truman Capote. Eine Biographie
Übersetzt von Brigitte Stein
Kein und Aber Verlag 2007
786 Seiten, 36,90 Euro