Aufgeplusterte Mitteilungen

08.11.2007
Der Sprechtrainer und frühere Journalist Markus Reiter wirbt in seinem Buch für eine einfache und verständliche Sprache. Er polemisiert gegen die gezielt eingesetzte Phrasendrescherei von Politikern, Marketing-Experten, Wissenschaftlern und Medienleuten. Dabei nennt er Worte wie "Innovation", "Priorität" oder "Nachhaltigkeit", die vieles aussagten und nichts.
Leere Worte, hohle Floskeln, Blähsprache – der verbale Lärm um Nichts ist Markus Reiter ein Grauen. Der Sprechtrainer und frühere Journalist weiß wovon er spricht: Von jenen aufgeplusterten Formen der Mitteilung, die den Empfänger verwirrt und ratlos zurücklassen. Dies geschieht vielfach mit Absicht, vermutet der Autor, damit der mangelhafte Inhalt verdeckt wird. Er sieht sein Buch als "Aufschrei". Und man merkt ihm das Anliegen an.

Gleichsam händeringend wirbt Reiter für einfache und verständliche Sprache. Denn die Folgen unklarer Äußerungen seien mannigfach: Zum einen würden die Leser allzu komplizierter Texte das Interesse daran verlieren, zum anderen werde Verständnislosigkeit erzeugt, wo dies nicht notwendig, ja oft geradezu gefährlich sei. Mitarbeiter in Unternehmen würden von wolkig aufgebauschten Firmenleitbildern nicht angespornt, sondern, im Gegenteil, ihrer Motivation beraubt. Schließlich verursache schlechte Sprache Kosten, da sie erst umständlich entschlüsselt werden müsse und dadurch unnötig Ressourcen binde. Letztlich, so meint Reiter, zerreiße die von den Eliten betriebene Sprachvernebelung die Gesellschaft in zwei Teile und gefährde damit sogar die Demokratie.

Der Autor ist allerdings kein Kulturpessimist, der den Untergang der Sprache beklagt. Für ihn ist sie laufend in Veränderung begriffen. Einflüsse anderer Sprachen und gesellschaftliche Entwicklungen formen sie ununterbrochen neu. Was ihn so maßlos stört, ist vielmehr die teils unüberlegte, teils gezielt eingesetzte Phrasendrescherei – von Politikern, Marketing-Experten, Wissenschaftlern und Medienleuten.

Selbstverständlich hat er auch Beispiele bereit, die in solchen Phrasen Konjunktur haben: "Innovation" etwa, oder "Priorität" und "Nachhaltigkeit". Alles Worte, die vieles aussagen und nichts, die sich einer klaren Definition entziehen. Dabei tritt Markus Reiter nicht als Sprachpolizist auf, der in seinem Buch grammatikalische Regeln ausbreitet. Wesentlich ist für ihn, dass Kommunikation möglichst klar und allgemein verständlich stattfindet. Sein Verdienst ist es, dem Leser die Augen zu öffnen, der allzu oft bereit ist, die Schuld bei sich zu suchen, wenn er einen Text nicht versteht.

Vielfach ist man beim Lesen des Buches an den Sprachtrainer Wolf Schneider erinnert. Allerdings würde man sich eine noch umfangreichere Darstellung als in dem schmalen Band wünschen, der nur eine erste Sensibilisierung für das Thema oder die Bestärkung eines schon länger gehegten Verdachts sein kann. Auf alle Fälle sind "die Phrasendrescher" ein wertvolles Instrument, um sich beim Lesen im Alltag vor der Irreleitung in die sprachliche Nebelsuppe zu schützen - ob es sich nun um die Gebrauchsanweisung eines Fertiggerichts oder die Werbebotschaft einer politischen Partei handelt. Reiters erstes Anliegen ist es dabei, dass nicht unüberlegt sinnlose Wortkreationen von den "Phrasendreschern" übernommen werden und ihnen damit die Ehre erwiesen wird, sie in den allgemeinen Wortschatz unserer Sprache zu übernehmen.

Rezensiert von Stefan May

Markus Reiter: "Die Phrasendrescher – Wie unsere Eliten uns sprachlich verblöden",
Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, 2007,
144 Seiten, 12,95 €