Auf der Suche nach den Quellen des Nils

18.01.2011
Die Expedition des Forschers Richard Francis Burton "ins Herz Afrikas" war eines der großen Abenteuer des 19. Jahrhunderts. Die Bibliothek der Entdecker widmet ihm nun einen eigenen besonders lesenswerten Band.
Jahrhunderte lang umgab den Nil ein großes Geheimnis. Schon die Gelehrten der Antike rätselten, wo dieser mächtigste Fluss Afrikas und – je nach Lesart – längste beziehungsweise zweitlängste Fluss der Welt entspringen könnte. Alexander der Große suchte ebenso nach seiner Quelle wie die Truppen von Kaiser Nero. Noch im 19. Jahrhundert, als die Europäer sich anschickten, die Welt für sich zu entdecken, war das Rätsel nicht gelöst. Es wurde zu einer der größten Herausforderungen für die Abenteurer dieser Epoche. Die Expedition des Forschers Richard Francis Burton "ins Herz Afrikas" ist eine davon. Ihr widmet die Bibliothek der Entdecker (Frederking & Thaler) nun einen eigenen besonders lesenswerten Band.

Die Afrikareise Richard Francis Burtons gilt heute als ebenso legendär wie der Reisende selbst. Als Burton sich 1857 gemeinsam mit seinem Begleiter John Hanning Speke von der Ostküste Afrikas 2000 Kilometer ins Landesinnere kämpfte, hatte er schon große Teile der Welt gesehen. Sieben Jahre war Burton für die East India Company in Indien, hatte sich für die Menschen und ihre Kultur begeistert. Binnen kürzester Zeit beherrschte er die wichtigsten Landessprachen, reiste unerkannt in der landesüblichen Tracht mal als Hindu, mal als Moslem, und diente sogar gar als Spion. 1853 pilgerte Burton schließlich als Mirza Abdullah nach Mekka. Die Aufzeichnung dieser Reise machte ihn in England zum Star. Einem solchen Mann war die Entdeckung der Nilquelle zuzutrauen!

Mit historischem Kartenmaterial, Fotografien und Stichen aus der Zeit sowie Skizzen von Burton selbst zeichnet Peter Laufmann dessen legendäre Forschungsreise durch Ostafrika nach. Sie wurde nicht nur berühmt wegen ihrer außerordentlichen Strapazen, wegen der vielen Rückschläge, der großen Gefahren und nicht zuletzt wegen ihres Scheiterns, sondern auch weil sie eine lebenslange Feindschaft der Reisegefährten Burton und Speke zur Folge hatte.

Laufmann schildert packend und lebendig, wie sich die beiden mit ihrem über 100 Träger zahlenden Tross und enormem Gepäck, durch die Wildnis bis zum Tanganjikasee und zurück quälten. Dabei unternimmt der Autor selbst verschiedene Exkursionen zu flankierenden Themen. Er erläutert klimatische und geografische Besonderheiten, erklärt Flora und Fauna, beschreibt historische Hintergründe, etwa die Geschichte des Sklavenhandels, und gibt immer wieder Einblicke in die Aufzeichnungen der Entdecker. Ein kurzer Abriss von Burtons Biografie und seiner frühen und späteren Expeditionen bilden den Anfang beziehungsweise das Ende dieses grafisch schön gestalteten und spannend zu lesenden Buches.

Die Quelle des Nils übrigens hatten die beiden Engländer nicht gefunden. Während Burton den Tanganjikasee für dessen Ursprung hielt, vermutete Speke die Quelle im Viktoriasee. Da er als Erster nach England zurückkehrte und sein Versprechen, mit der Berichterstattung auf Burtons Ankunft zu warten, nicht hielt, erntete Speke allein die Lorbeeren und Schlagzeilen. Das verzieh ihm Burton nie – auch wenn sich später herausstellte, dass Spekes Vermutungen der Wahrheit näher kamen.

Er beherrschte 30 Sprachen, war zäh und hochintelligent, aber auch arrogant und einsam. Der britische Offizier Richard Francis Burton gilt als einer der größten Weltreisenden und Entdecker. 1857 brach er auf, um ein Jahrtausende altes Rätsel zu lösen: Wo liegt die Quelle des Nils? Eine packende und reich bebilderte Geschichte, die Burtons Leben mit der beschwerlichen Expedition und der grandiosen Natur Ostafrikas verbindet.

Besprochen von Eva Hepper

Peter Laufmann: Richard Francis Burton. Reise ins Herz Afrikas
Frederking & Thaler 2010
144 Seiten, ca. 90 Abbildungen, 24,95 Euro