Auf dem Karriere-Gipfel

Von Mirko Heinemann · 18.04.2013
Die Art Cologne war beinahe totgesagt, als er 2008 kam, sah und siegte: Daniel Hug hat die Kölner Kunstmesse zu internationaler Größe geführt. Der US-Amerikaner steht damit auf dem Gipfel einer Bilderbuch-Karriere. Doch auch für ihn lief nicht alles planmäßig.
Gespräch:
"Hallo Daniel, schön dass du da bist.
Hi, cool, wie geht’s dir? Hallo Christian.
Das ist die neue Ausstellung, die wir gemacht haben. Weil wir uns in einem kommerziellen Ambiente befinden, dachten wir uns, dass wir eine Ausstellung mit Warenbezug machen."

Daniel Hug bei seiner Lieblingsbeschäftigung. Wann immer er Zeit hat, besucht er in Köln die Kunstgalerien. Die Wege sind kurz, die Zahl der Galeristen ist übersichtlich. Er kennt sie alle.

Christian Nagel ist einer seiner Fans. Er gehörte zu der Gruppe von Galeristen, die gegen eine Kölner Lösung stimmten, als es um die Besetzung einer der wichtigsten Stellen in der deutschen Kunstbranche ging.

Hug: "Als Startbasis hatte die Art Cologne schon sehr vieles. Es war immer eine gute Verkaufsmesse. Auch in schlechten Zeiten. Nur: Es hat einfach an Bedeutung verloren."

Kurz geschorene, blonde Haare, ein offenes Lächeln, eine ruhige, unkomplizierte Art: Daniel Hug, 44 Jahre alt, hat die Kunstmesse zu neuem Leben erweckt. Hat sie kleiner gemacht und neu strukturiert. Und ein paar Verkäufer-Tricks angewandt.

Hug: "Drei Eingänge sind falsch. Es ist irgendwie sehr deutsch, dass man die Messe zugänglich macht. Aber es ist sehr wichtig, dass man einen Haupteingang hat. Wo alle hingehen müssen. Dass eine Schlange bildet. Dass man sich sieht. Es muss Stimmung geben."

Daniel Hug wächst in Zürich auf. Seine Mutter ist Amerikanerin, sein Vater Schweizer. Als die Ehe zerbricht, zieht die Mutter mit ihm und dem älteren Bruder zurück in die USA. Daniel Hug ist elf Jahre alt, spricht Englisch mit einem Schweizer Akzent und kann sich zunächst nur schwer anpassen.

Hug: "Wie soziale Systeme entstehen, Unterschiede zwischen Kulturen, Menschen, Rassen, das verstehe ich jetzt viel besser. Es ist besser wenn man Sachen von der anderen Seite sieht ... wenn man als Außenseiter plötzlich kommt."

Vorbelastet ist er nicht nur durch seine Herkunft, sondern auch durch seinen Großvater. Der Vater seiner Mutter war Laszlo Moholy-Nagy, der Konstruktivist, der gemeinsam mit Walter Gropius den Bauhaus-Stil prägte. Er starb zwar bereits 1946, doch sein Schatten reicht weit. Auch Daniel Hug will zunächst Künstler werden.

Während seines Studiums an der Kunsthochschule in Chicago entdeckt er die Schriften des US-Künstlers Peter Halley. Ein Postmodernist, der schrille Neonfarben gegen geometrische Formen einsetzt.

Bis dahin war Daniel Hug ein Modernist, geprägt durch die Arbeit seines Großvaters. Jetzt entdeckt er die Postmoderne, die Welt der Rebellion. Der Soundtrack dazu ist die Punkmusik der späten 1970er-Jahre. Nur: Ein richtiger Punk, ein Radikaler, wird Daniel Hug nicht.

Hug: "Ist auch optimistisch, Punk, ist nicht negativ. Ein bisschen negativ. Aber zu einem guten Soundtrack ist das optimistisch."

Sagt er heute - und grinst. An diese Zeit erinnern noch zwei Löcher in seinem linken Ohr, den dazugehörigen Schmuck trägt er nicht mehr. Er ist schlank, sein Outfit leger: dunkle Jeans und Jackett.

Als Daniel Hug Mitte der 90er-Jahre sein Studium beendet, liegt der Kunstmarkt am Boden. Die meisten Galerien in Chicago sind geschlossen. Aus Trotz eröffnet er gemeinsam mit dem Galeristen Micha Hall den Chicago Project Room.

Hug: "Kunst ist nicht das arme Stiefkind, Kunst ist wertvoll! Kunst kann man verkaufen!"

Anderthalb Jahre später zieht der Kunstmarkt an. Mit jungen, internationalen Künstlern gelingt der Aufstieg. Hug und Hall stellen auf der Art Chicago aus und werden in Basel zugelassen, auf der wichtigsten Kunstmesse Europas. Es geht aufwärts. Bis sie ein zweites Standbein in Los Angeles aufbauen.

Hug: "Ich glaube, wir haben das für ein Jahr versucht. Die Kosten waren enorm hoch. Businesspartner Micha Hall hatte sich sich in eine Österreicherin verliebt und sich entschieden, nach Österreich zu ziehen, nach Wien. Und ich hatte Angst, die Galerie alleine weiterzuführen."

Daniel Hug muss aufgeben. Er versucht es stattdessen mit Immobilien. In Chicago hatte er bereits ein Haus gekauft, renoviert und mit Gewinn vermietet. Jetzt will er das Gleiche in Los Angeles schaffen. Die Idee:

"Geld verdienen. Dann kann ich die Kunst doch selber kaufen. Und behalten!"

Doch es läuft nicht, wie es soll. Tagsüber beschäftigt er sich mit Häusern, nachts träumt er von seinem alten Leben. Nach zwei Jahren schmeißt er hin und eröffnet in Los Angeles die Daniel Hug Gallery. Sein altes Netzwerk gibt es nicht mehr. Wieder muss er von vorn anfangen.

Hug: "Da habe ich sehr viel gelernt. Wir dachten, wir waren invincible. Große Egos. Ich war auch ein bisschen arrogant. Wie sagt man: Es war ein Eye-Opener."

Jahre dauert es, bis Daniel Hug sich wieder etablieren kann. Schließlich wird er Berater der Kunstmesse in Los Angeles und knüpft internationale Kontakte, auch nach Köln. Der Rest ist Geschichte. Seit 2008 lebt er gemeinsam mit seiner Freundin am Rhein. Wenn Daniel Hug nicht in Köln unterwegs ist, dann reist er: nach Chicago. Nach New York. Nach Berlin. Auch dort geht er seiner Lieblingsbeschäftigung nach: Er besucht Kunstgalerien.