Asyldebatte

"Ein Einwanderungsgesetz wäre ein richtiges Signal"

Armin Laschet, Bundesvize und NRW-Landeschef der CDU
Armin Laschet, Bundesvize und NRW-Landeschef der CDU © dpa / Maja Hitij
Armin Laschet (CDU) im Gespräch mit Dieter Kassel · 04.09.2015
Der Widerstand in der CDU gegen ein Einwanderungsgesetz bröckelt. Zu den CDU-Politikern, die ein solches Gesetz fordern, gehört auch Armin Laschet. Er plädiert für eine verfahrensmäßige Trennung von Asylrecht und Einwanderung: Asyl sei nur für Schutzbedürftige.
Angesichts des großen Andrangs von Flüchtlingen mehren sich die Stimmen, die ein Einwanderungsgesetz fordern - auch innerhalb der CDU. Einer von ihnen ist Armin Laschet, Fraktionsvorsitzender im nordrhein-westfälischen Landtag und stellvertretender Vorsitzender der Bundes-CDU.
Er sei an der Seite von SPD-Fraktionschef Oppermann, wenn dieser sage, ein neues Einwanderungsgesetz werde die Dinge transparenter und übersichtlicher machen, sagt Laschet. Zurzeit gebe es viele Verordnungen, die außerhalb Deutschlands niemand verstehe. "Und deshalb wäre ein Einwanderungsgesetz gerade in dieser Zeit ein richtiges Signal." Der Bundesvorstand werde am 14. September intensiv über diese Fragen sprechen.
Gegen eine schnelle Öffnung des Arbeitsmarktes für sämtliche Asylsuchenden
Kritisch äußert sich Laschet zur Forderung von Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer, Asylbewerber schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Zwar müsse man für Flüchtlinge aus Syrien von Anfang an Arbeitsmöglichkeiten schaffen, da diese unabhängig vom Ausgang des Asylverfahrens nicht in den syrischen Bürgerkrieg abgeschoben würden, sondern hier bleiben dürften. Bei Flüchtlingen vom Balkan sieht das Laschet zufolge jedoch anders aus. "Wenn Sie das für den Balkan so öffnen, wenn die Wirtschaft sagt, ja, aber wir holen uns jetzt die Besten, die vom Balkan sind, und um den Rest soll sich der Staat kümmern, dann ist das nicht in Ordnung."
Laschet plädiert mit Blick auf Asylbewerber vom Balkan für eine Trennung von Asyl und Einwanderung: "Die, die aus Demokratien kommen, müssen wissen, wenn sie hier Asyl beantragen, ist das auf Dauer kein Weg der Einwanderung", betonte er. Asyl sei nur für Schutzbedürftige. "Das muss man auch im Recht, in der Systematik, in den Verfahren nach außen signalisieren." Dabei werde ein Einwanderungsgesetz helfen.

Dieter Kassel: Der Umgang mit Flüchtlingen ist kein Thema für Parteienstreit und politische Profilierungsversuche, darüber ist man sich weitgehend einig, nicht nur in der Bundesregierung. Flüchtlinge und Einwanderer – das sind allerdings zwei verschiedene Themen und bei Letzterem gibt es durchaus Meinungsverschiedenheiten. Die Bundeskanzlerin hat gerade erst gesagt, dass im Moment ein Einwanderungsgesetz nicht sehr weit oben auf ihrer Agenda steht. Die SPD aber will so schnell wie möglich eines haben, das hat der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann gerade noch einmal deutlich gemacht:
((Einspieler))
Sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann. Wir wollen jetzt mit Armin Laschet reden, er ist der stellvertretende Vorsitzende der CDU und Fraktionsvorsitzender der CDU im nordrhein-westfälischen Landtag. Guten Morgen, Herr Laschet!
Armin Laschet: Guten Morgen!
Kassel: Besser als gerade Herr Oppermann hätten Sie das eigentlich auch nicht sagen können, oder?
Laschet: Ja, wobei er ... Wir sind im Ziel einig, aber was mich immer ärgert, ist, dass er so tut, als hätten wir kein Einwanderungsgesetz. Wir haben ein Gesetz zur Steuerung und Begrenzung von Zuwanderung seit 2005, darüber wandern natürlich viele Menschen ein. Wir haben ein Aufenthaltsgesetz, wir haben bei Frau Nahles eine Arbeitsplatzverordnung, wo 70 Mängelberufe genannt sind, wo wir Einwanderer brauchen, und deshalb soll man nicht so tun, als wenn wir es nicht hätten, als wäre es nicht heute schon möglich, nach Deutschland einzuwandern. Aber ich bin an seiner Seite, wenn er sagt, ein neues Gesetz würde das alles klarer, transparenter, übersichtlicher machen. Wir haben zurzeit zu viele Verordnungen, die außerhalb Deutschlands niemand versteht und deshalb wäre ein Einwanderungsgesetz gerade in dieser Zeit ein richtiges Signal.
Schnellere Verfahren für Asylsuchende vom Balkan
Kassel: Aber können Sie nicht auch – ich kann das nämlich und das ist für mich nicht typisch – die Bundeskanzlerin verstehen, wenn sie sagt, gerade jetzt, wo wir wirklich erstmal mit den 800.00 Menschen umgehen müssen, die in Not sind und Hilfe suchen, zu uns kommen, gerade jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um über ein Einwanderungsgesetz zu diskutieren?
Laschet: Na gut, die Bundeskanzlerin hat gesagt, das ist nicht die oberste Priorität und da hat sie natürlich Recht. Wenn Sie in die Städte und Kommunen vor Ort gehen, wenn Sie belegte Turnhallen und Notunterkünfte sehen, wenn Sie sehen, dass zum Teil das System hier in Nordrhein-Westfalen beispielsweise bei den Erstaufnahmestellen gar nicht funktioniert und wir 800.000 Menschen erwarten, dann kann ich schon verstehen, dass das jetzt absolute Priorität hat, aber dennoch ist es, glaube ich, klug, dieses System Asyl und Einwanderung klarer zu trennen. Wenn wir für die Menschen vom Balkan, die aus Demokratien kommen, sagen, wir brauchen schnelle Verfahren und wenn jemand nicht anerkannt wird, dann auch eine sehr schnelle Rückführung in das Heimatland, dann finde ich das Signal, ein zweites Instrumentarium zu haben, nämlich ein Einwanderungsgesetz, nach dem die gleiche Gruppe schauen könnte, passt nicht auf mich, eine ganz legale Einwanderungsmöglichkeit nach Deutschland, ein richtiges Signal. Jetzt kann man sagen, was ist prioritär oder was ist nicht prioritär. Ich finde, wir sollten die Zeit nutzen, das beides zusammen denken und klarere gesetzliche Regelungen schaffen.
Syrische Bürgerkriegsflüchtlinge sollen von Anfang an arbeiten dürfen
Kassel: Ich kann Sie sehr gut verstehen, wenn Sie asylsuchende Flüchtlinge deutlich trennen wollen von Einwanderern, aber im Moment sehen diese Trennlinien nicht alle. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer hat gerade erst gesagt in einem Interview, das heute in der "Süddeutschen Zeitung" steht, er möchte, dass Asylbewerber möglichst schnell auch dem Arbeitsmarkt zugeführt werden, dass man gewisse Regelungen, die jetzt gelten, was Wartezeiten angeht, beendet. Das wäre eine Vermischung im Grunde genommen, aber ist nicht dieses kleine Ausmaß an Vermischung im Moment angemessen?
Laschet: Prinzipiell ist es nicht angemessen. Ich finde, wenn wir über eine dritte Gruppe sprechen, nämlich beispielsweise Syrer, von denen wir wissen, sie werden immer hier bleiben, es wird niemand in den syrischen Bürgerkrieg abgeschoben, ganz egal, ob das Verfahren zu einer Anerkennung führt oder nicht, und bei dieser Gruppe würde ich sagen, die sind schutzbedürftig, da muss man von Anfang an Arbeitsmöglichkeiten schaffen, da brauchen wir den Spurwechsel aus dem früheren Asylantrag hinein in das Einwanderungsrecht, da würde ich Herrn Kramer recht geben, wenn er diese Gruppe meint. Wenn Sie das für den Balkan so öffnen, wenn die Wirtschaft sagt, ja, aber wir holen uns jetzt die Besten, die vom Balkan sind, und um den Rest soll sich der Staat kümmern, dann ist das nicht in Ordnung. Die, die aus Demokratien kommen, müssen wissen, wenn sie hier Asyl beantragen, ist das auf Dauer kein Weg der Einwanderung. Wenn Sie da die Systeme vermischen, dann werden noch mehr sich auf den Weg machen und sagen, wir beantragen erstmal Asyl und dann hoffen wir nachher, dass wir Arbeit finden. Nein, Asyl ist nur für Schutzbedürftige, und das muss man auch im Recht, in der Systematik in den Verfahren nach außen signalisieren und klar halten.
Kassel: Das heißt aber auch, Sie stimmen noch in einem anderen Punkt mit der SPD überein: Ein Einwanderungsgesetz, wenn es denn kommt, soll nicht generell neue Anreize schaffen für noch mehr Einwanderung.
Laschet: Ja, das tun wir aber schon lange. Die, die dafür plädieren, sagen, das wird nicht notwendigerweise zu mehr Einwanderung führen, es wird nur klarer die Verhältnisse regeln, und es wird denen außerhalb Deutschlands signalisieren, wie man als qualifizierte Kraft nach Deutschland kommen kann, und es wird vielleicht viele von diesem mühsamen Weg über das Asyl, von diesen langen Verfahren abhalten, und das würde auch Deutschland wieder zugutekommen.
Der Bundesvorstand wird am 14. September "intensiv" über diese Fragen sprechen
Kassel: Wenn Sie aber bis auf – und das ist jetzt wirklich mein Eindruck – wenige Details, über die man sich sicherlich noch unterhalten kann, Sie persönlich jetzt mit den Forderungen der SPD übereinstimmen, warum fällt es Ihrer Partei denn so schwer, da auf die SPD zuzugehen?
Laschet: Es gibt viele Fragen, die derzeit zu lösen sind. Außerdem bin ich mir gar nicht sicher, ob es so schwerfällt. Wir haben am 14. September den Bundesvorstand, da werden wir über diese Fragen intensiv sprechen. Wir haben dann einen Bundesparteitag im Dezember, und die Kommission, in der viele Sachverständige mitgearbeitet haben, auch aus der Partei und außerhalb der Partei, die wird genau dieses vorschlagen, und dann muss man sehen, wie schnell macht man das, welche Priorität hat das, welche Regeln sollen da drinstehen. Ich würde mir wünschen, dass wir jetzt die Zeit nutzen, Asyl und Einwanderung klarer zu trennen, und da wird ein solches Gesetz helfen.
Kassel: Sagt Armin Laschet, stellvertretender Vorsitzender der CDU und Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag in Düsseldorf, über das Einwanderungsgesetz, das er eigentlich schon seit Langem möchte, aber auch gar nicht mehr so weit entfernt sieht. Herr Laschet, ich danke Ihnen sehr für dieses Gespräch!
Laschet: Danke auch!
Kassel: Schönen Freitag noch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mehr zum Thema