Arianischer Streit

Ist Jesus Gott oder Mensch?

Eine Jesusfigur unter einem Baum
Eine Jesusfigur unter einem Baum © picture alliance / dpa / Patrick Seeger
Von Thomas Senne · 04.10.2015
Etwa 300 Jahre stritten Experten Anfang des 4. Jahrhunderts um die Frage, ob Jesus wie Gott ist oder ihm untergeordnet. Nun will die Universität Erlangen-Nürnberg alle Dokumente zum "Arianischen Streit" herausgegeben - in sechs Bänden auf rund 1000 Seiten.
Den Beginn des sogenannten "Arianischen Streites", Anfang des 4. Jahrhunderts im ägyptischen Alexandria, markiert eine theologische Meinungsverschiedenheit: zwischen dem schon etwas betagten Priester, Arius und seinem Bischof Alexander. Im Kern ging es damals um die Frage: Ist Jesus Gott oder Mensch - und damit Gottvater untergeordnet - oder ist Jesus Christus gar beides, Mensch und Gott? Der Leiter des Erlanger Forschungsprojektes zum Arianischen Streit, Professor Hanns Christof Brennecke:
"Es gab im 4. Jahrhundert im Grunde zwei Hauptströmungen, die sich herauskristallisiert hatten. Die eine war die sogenannte 'Logos-Theologie'. Christus ist - wie das ja auch am Anfang des Johannes-Evangeliums heißt - der Logos war immer bei Gott, also ein Vorzeitiger, der dann eben Mensch geworden ist. Und andere haben lieber Gott und Christus fast identifiziert, haben also nicht unterschieden. Und die Logos-Theologie hat sehr stark unterschieden. In Alexandrien hat der Arius diese Unterscheidung als Priester und Prediger sehr stark unterstrichen. Er hat nicht etwa behauptet, Christus war nur Mensch. Er war für ihn auch Gott, aber er hat die Unterscheidung sehr stark unterstrichen und seinem Bischof ging das zu weit..."
... dennoch teilten damals viele - vor allem im griechischen Sprachraum - die Einstellung des Arius, zumindest dem Tenor nach. Als es selbst Kaiser Konstantin nicht gelang, den Streit mit einem Brief zu schlichten, eskalierte der Konflikt. Es kam zu gegenseitigen Verleumdungen, Absetzungen, Verbannungen und Exkommunikationen der verschiedenen Lager, weiß Annette von Stockhausen. Am Lehrstuhl für Kirchengeschichte der Universität Erlangen-Nürnberg arbeitet sie mit daran, sämtliche Dokumente dieses Disputs von der Spätantike bis ins frühe Mittelalter zu sammeln, zu übersetzen, zu kommentieren und herauszugeben.
"Eine Folge ist, dass es zu Synoden kommt, zunächst 324 und dann eine große, die dann in der Wirkungsgeschichte als erste ökumenische Synode in die Geschichte eingeht, in Nicaea einberufen, um dann eben diese Streitfrage für den gesamten Osten bzw. das gesamte Römische Reich auch zu lösen."
Arius wurde von seinem Amt als Priester entbunden, aus der Kirche ausgeschlossen und starb 336 in Konstantinopel. Die Auseinandersetzungen freilich gingen weiter.
Quellen lagern in London, Paris und dem Vatikan
Die Dokumente, die jetzt genauer unter die Lupe genommen werden - kaiserliche Stellungnahmen, Gesetze, Bischofsbriefe oder Glaubensbekenntnisse -, umspannen dabei den gesamten zeitlichen und geographischen Rahmen des spätantiken Römischen Reichs.
"Es gibt keine Originale, sondern wir haben die Texte alle nur durch Quellen überliefert, die sehr viel später sind. Aber die Handschriften, die diese Quellen wiederum überliefern, die stammen dann aus einem Abstand von bis zu sieben-, achthundert Jahren. Aber man kann auch dadurch, dass manche Quellen auch mehrfach überliefert sind, schon mit einiger Sicherheit rekonstruieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass Fälschungen jetzt eingedrungen wären an der Stelle, kann man relativ gut ausschließen."
2018 wird das Forschungsprojekt an der Universität Erlangen-Nürnberg abgeschlossen sein. Bis dahin sollen alle Unterlagen, die beispielsweise in Bibliotheken von London, Paris oder dem Vatikan lagern, in sechs Bänden mit insgesamt etwa 1000 Seiten kommentiert vorliegen, erklärt der dafür verantwortliche Wissenschaftler Hanns Christof Brennecke.
"In der Übersetzung wird durch eine Anmerkungszahl darauf hingewiesen, wo ein Problem ist und dann wird das möglichst in aller Knappheit - und trotzdem werden die sehr zum Teil ausführlich werden, die Dinge - kommentiert, die strittig sind und auch erklärt."
Die im weströmischen Reich siedelnden germanischen Völker, die zunächst den christlichen Glauben in der als "arianisch" geltenden Form praktiziert hatten, nahmen dann Ende des 6. Jahrhunderts den katholischen Glauben an. Damit war der Jahrhunderte lang währende Streit Geschichte. Ohne ihn wäre der heutige Trinitätsbegriff von Vater, Sohn und Heiligem Geist kaum denkbar, sagt Annette von Stockhausen:
"Das Glaubensbekenntnis noch jeder Christ mindestens einmal im Jahr spricht ist eben das Glaubensbekenntnis der Synode von Konstantinopel 381. Es ist da ein ganz aktueller Bezug da. Und das heißt, dass diese Frage: Wer ist eigentlich dieser Christus? Wie ist sein Verhältnis zu Gott? nach wie vor eine sehr aktuelle Frage auch ist für viele Christen."
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