Anspruchsvolle Erotik für Frauen

Von Carolin Pirich · 07.06.2010
Ina Küper ist die jüngste Chefredakteurin Deutschlands und hat ein Erotikmagazin für Frauen entwickelt. Ein Jahr lang gab sie "Alley Cat" im Alleingang heraus. Nun ist die Zeitschrift erstmals im Burda-Verlag erschienen.
"Wir haben darauf geachtet, dass wir typische Frauendinge mischen mit Liebesspielzeug. Hier haben wir zum Beispiel einen Salatlöffel, den man auch als Peitsche verwenden kann."

Ina Küper sitzt in einem noch ziemlich leeren Büro und blättert durch ihr Magazin. Pink und Schwarz sind die beherrschenden Farben auf Hochglanz-Seiten, schöne Frauen, viel Haut. Weiter hinten erst muskulöse Männerbäuche und immer wieder das Lendendreieck; mehr sieht man von ihnen nicht.

"Ich glaube, dass ich auch für andere Frauen spreche, wenn ich sage, dass es mir nicht reicht, einen nackten Typen anzuschauen. Wir nennen das ja immer Rubbelvorlage. Es bedarf etwas mehr, eine tolle Stimmung, sinnliche Texte, die man sich zusätzlich durchlesen kann."

Die Beine in weißen, engen Jeans übereinandergeschlagen, darüber ein weiter Pulli im Naturton, das hellblonde, lange Haar zu einem lockeren Dutt zusammengebunden. Nichts an Ina Küper wirkt, als würde sie es dem Zufall überlassen. Unverbissen, aber mit starkem Willen, so hat die 26-Jährige es auch bis hierher geschafft, in einen Chefredakteurssessel eines der größten deutschen Zeitschriftenverlage.

"Es ist lange Zeit surreal gewesen. Die Tatsache, dass wir von 10.000 auf 150.000 Hefte angestiegen sind."

Ina Küper ist im Münsterland aufgewachsen, zwischen Wiesen und Pferden im 800-Seelen-Dorf Eggerode. Am Wochenende kamen Busse mit Pilgern vorbei, um sich das Marienbild anzusehen. Ihre Eltern sind beide Pädagogen, fest angestellt, es ist eine behütete Jugend.

Nach der Schule geht Ina nach Düsseldorf, Modejournalismus studieren. Ein teures Studium an einer Privatakademie, sie finanziert es durch eine Erbschaft. Sechs Semester Modedesign, Modetheorie, Modejournalismus, und das Erbe ist aufgebraucht.

Als Abschlussarbeit soll Ina Küper ein eigenes Magazin entwickeln, aber sie will etwas anderes machen: Keine Mode, sondern Erotik für Frauen. "Alley Cat", Straßenkatze nennt sie das Heft. Etwas freier übersetzt heißt es "Bordsteinschwalbe".

"Ein Schamgefühl hatte ich nicht, denn 'Alley Cat' ist ja kein Tagebuch. Meine Mutter sagt bis heute, die versauten Sachen lese ich mir nicht durch, denn dann habe ich Angst, dass du sie geschrieben hast."

Tatsächlich ist das Heft nur ein bisschen pikant. Es kann ruhig auf dem Wohnzimmertisch liegen bleiben, wenn die Schwiegereltern vorbeikommen. Selbst die Mode ist wieder dabei, die Ina Küper eigentlich verlassen wollte.

Den Spaßfaktor hat Ina Küper fest im Blick, politische Botschaften liegen ihr fern, feministische Grundsatzüberlegungen erst recht.

"Ich glaube, dass Feminismus für die Generation vor uns etwas Verbissenes hatte. Für uns junge Frauen hat es eine Art Selbstverständnis, wir haben nicht das Gefühl, darum kämpfen zu müssen. Das haben Frauen vor uns getan, und wir müssen dafür dankbar sein, aber wir haben dafür einen unverkrampfteren Zugang dazu."

Das Heft kommt bei Dozenten und Freunden gut an, Ina Küper macht weiter, im Eigenverlag. Die Wirtschaftskrise, die Anzeigenflaute, das Internet: eigentlich spricht vieles gegen ein neues Magazin.

"Ich hatte schlaflose Nächte, Herzklopf-Momente, wo ich nicht wusste, wie es weitergeht. Man muss ganz stark an sich selbst glauben. Arbeit darf man nicht scheuen. Ich hab da enorm viele Stunden reingesteckt."

Zweifeln ist nicht ihre Sache. Ina Küper lacht viel, hört konzentriert zu; sie hat ein hübsches, offenes Gesicht und einen festen Händedruck. Sie ist gut darin, Menschen für sich zu gewinnen. Fotografen und Freunde arbeiten kostenlos für das Magazin.

Trotzdem zehrt es ihr Erspartes auf und den Kredit, den sie für das Heft aufnahm. Etwa 50.000 Euro hat sie investiert. Die Schulden werden immer größer, der Wille weiterzumachen auch.

"Irgendwann ist es auch zu spät, dann sagt man sich, jetzt ziehst du es weiter durch, du kriegst schon noch die Kurve. Da war auch die Befürchtung, was mache ich, wenn ich aufgebe, dann bereust du es in 15 Jahren."

Von der Telefonzentrale beim Zeitschriftenverlag Burda fragte sie sich durch, bis sich jemand fand, der sie anhören wollte. Ein paar Monate später arbeitet Ina Küper nicht mehr in einem Zimmer im Heimatdorf bei den Eltern, sondern in einem glatten Münchner Neubau. In der Nachbarschaft eine Klinik für plastische Chirurgie, die Redaktionen von Elle und Freundin und vom Playboy-Magazin. Nur die "Alley Cat" hat noch kein Schild am Empfang. Man weiß noch nicht, ob es ein zweites Heft geben wird und wann.

Aber darüber macht sich Ina Küper keine Gedanken. Sie zieht jetzt ganz von Münster nach München. Ohne ihren Optimismus säße sie nicht dort.

Zum Thema: Die Homepage der Alley Cat