Angela Marquardt

Können Sie nun besser mit der Stasi-Vergangenheit leben?

Angela Marquardt im Gespräch auf der Leipziger Buchmesse
Angela Marquardt sprach auf der Leipziger Buchmesse über ihr Buch © Deutschlandradio / Christian Kruppa
Angela Marquardt im Gespräch mit Katrin Heise · 13.03.2015
Angela Marquardt war die Punkerin zwischen den alten Herren bei der PDS. Als ihre Vergangenheit ans Licht kam, endete ihre Karriere abrupt. Jetzt hat sie das Buch "Vater, Mutter, Stasi: Mein Leben im Netz des Überwachungsstaates" veröffentlicht.
Sie wurde als Jungpolitikerin der PDS bekannt. Angela Marquardt war die Punkerin zwischen den alten Herren - bis 2002 herauskam, dass sie als 15-Jährige von der Stasi angeworben worden war. Es folgte eine Zeit der völligen Neuorientierung. Heute arbeitet sie im Büro von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD). Jetzt gibt Angela Marquardt in ihrem Buch über ihre Vergangenheit Auskunft, über die Methoden der Stasi, Kinder und Jugendliche für sich arbeiten zu lassen, und über den doppelten Missbrauch der ihr widerfahren ist.
Die Sprachlosigkeit überwinden
Auf einer Party sei sie 2013 überraschend einem ehemaligen Stasi-Führungsoffizier wieder begegnet, der sie mit Kritik an ihrer jetzigen SPD-Zugehörigkeit überhäuft habe, erzählte Angela Marquardt im Deutschlandradio Kultur. "Dass so jemand, der so eine Vergangenheit hat, der Kinder und Jugendliche für das MFS missbraucht hat, mir heute meine Gegenwart vorhält, das ließ mich leicht sprachlos zurück", sagte Marquardt über diese Begegnung. "Diese Sprachlosigkeit wollte ich überwinden und habe beschlossen, dieses Buch zu schreiben."
Alltag mit der Stasi
Das Wort Stasi habe sie zum ersten Mal im Herbst 1989 wahrgenommen, sagte Marquardt. Für ihre Familie sei das der Arbeitgeber Ministerium für Staatssicherheit (MfS) gewesen. "Man muss sich das so ein bisschen alltagsmäßig vorstellen", sagte die Buchautorin. "Die Stasi kam quasi in mein Leben, als ich neun oder zehn Jahre alt war." Ihre Eltern hätten mit dem MFS zusammengearbeitet. Für sie hätten die Leute, die zu ihr nach Hause gekommen seien Namen gehabt, wie beispielsweise "Thomas": Wenn ihre Eltern noch nicht da gewesen seien, habe sie für "Thomas" Kaffee gekocht und sich mit ihm unterhalten. Sie habe diese Leute als Kind nicht als hauptamtliche Funktionäre, sondern als Freunde ihrer Eltern wahrgenommen. "Das heißt, ich bin quasi mit diesen Leuten aufgewachsen." Mit ihrer Stasi-Akte sei sie erst 2002 konfrontiert worden und habe zunächst über eine Zeit lang selbst begreifen müssen, was ihr geschehen sei und sich ihre eigene Geschichte aneignen müssen.
Angela Marquardt, Vater, Mutter, Stasi. Mein Leben im Netz des Überwachungsstaates, Kiepenheuer&Witsch, 14,99 Euro.
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