"An einem Samstag"

Von Anke Leweke · 20.04.2011
Der Titel "An einem Samstag" spielt auf ein folgenschweres Datum an: Am Samstag, den 26. April 1986, kam es zum Super-GAU im Kernkraftwerk Tschernobyl. Der russische Regisseur Alexander Mindadze versucht sich nun nicht im Genre des Katastrophenfilms, sondern versucht ein Gesellschaftsporträt, ein Sittenbild der damaligen Zeit zu erstellen.
Er folgt einer Handvoll Menschen nach dem Unglück, die anstatt zu fliehen, nach einem kurzen Innehalten, sich wieder buchstäblich in ihr bisheriges Leben stürzen. Stürzen, weil an diesem Samstag gleich mehrere Hochzeiten stattfinden. Unentwegt wird in diesem Film gefeiert, getrunken, gegrölt.

Aber was will uns der Regisseur mit seinen Sauf- und Prügelexzessen erzählen? Will er eine Gesellschaft zeigen, die nicht glauben kann, dass ihre Regierung sie einer lebensgefährlichen Gefahr aussetzt? Will er Menschen zeigen, die es gewohnt sind, dass ihr Leben bis ins kleinste Detail vom Staat geregelt ist und deshalb unfähig sind, Initiative zu ergreifen?

Je lauter die Musik spielt, je betrunkener die Helden und Heldinnen werden, desto weniger beginnt man sich für ihr Schicksal zu interessieren. Irgendwann mag man sich dem permanenten Gewackel der Kamera nicht mehr aussetzen. Zu offensichtlich übernimmt sie die Nervosität, die Unruhe der Figuren. Nie sieht man Türen, Ausgänge, Fenster. In aller Deutlichkeit wird das Gefühl eines Eingeschlossenseins in Szene gesetzt. Gerade weil man das visuelle Konzept durchschaut, tritt der Film auf der Stelle. Der Tanz auf dem Vulkan bleibt Effekt, Oberflächenreiz, wird nicht mit Leben oder Biografien gefüllt.

Russland, Ukraine, Deutschland 2011, Regie: Alexander Mindadze, Hauptdarsteller: Anton Shagin, Svetlana Smirnova-Martsinkievich, Stanislav Rjadinsky, 99 Minuten

Filmhomepage

Links bei dradio.de:
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