Amerikanische Bürgerrechtler

Protestmarsch von Selma nach Montgomery

Demonstrationszug von Selma nach Montgomery im März 1965
Der US-amerikanische Bürgerrechtler Martin Luther King (M) führt am 21.3.1965 den Demonstrationszug von Selma nach Montgomery an. © picture alliance / dpa / Foto: UPI
Von Karin Beindorff · 24.03.2015
Am 18. Februar 1965 wurde der schwarze Diakon Jimmy Lee Jackson bei einer Bürgerrechtsdemonstration im US-amerikanischen Städtchen Selma tödlich verletzt. Ein erster Protestmarsch wurde gut zwei Wochen später niedergeschlagen und ging als Bloody Sunday in die Geschichte ein. Erst am 21. März setzte sich ein neuer Zug bis nach Alabamas Hauptstadt Montgomery in Gang - und endete heute vor 50 Jahren.
Ein Protestmarsch von Selma in die Hauptstadt Montgomery am 7. März sollte die Antwort auf den Tod des unbewaffneten schwarzen Diakons werden. An der Edmund-Pattus-Brücke, kurz hinter der Stadt, stießen die rund 600 friedlichen Demonstranten auf Sheriff Jim Clark und seine Trooper. Der Tag ging als "Bloody Sunday" in die Geschichte ein, die Trooper knüppelten die Demonstranten nieder.
"Wir haben mit Sklaverei und Rassentrennung 345 Jahre gelebt, und wir mussten auf die Freiheit lange warten."
Sagte der Bürgerrechtler und Pfarrer Martin Luther King am 25. März 1965 in Montgomery, Alabama. Die Freiheit, von der King hier sprach, war die Freiheit, Bürgerrechte wahrnehmen und wählen zu können. Einen Tag zuvor war es endlich nach dem dritten Anlauf gelungen, eine Bürgerrechtsdemonstration von Selma in die Hauptstadt zu bringen.
Wissens- und Verständigungstests für Schwarze
1961, bei den Wahlen in Dallas County, dessen Verwaltungssitz das Städtchen Selma ist, waren von 57.000 Schwarzen im Wahlalter nur 130 registriert und damit wahlberechtigt. In Alabama und fünf anderen Südstaaten war die Wahlberechtigung an Bedingungen und Prüfungen geknüpft worden: Die Steuerklasse, die Alphabetisierung, Wissens- und Verständigungstests - und wenn das die Nachkommen der Sklaven immer noch nicht von den Wahlurnen fernhielt, dann halfen die Schlägertrupps des Ku-Klux-Klan nach - oft Hand in Hand mit den Ordnungskräften.
Rechtlosigkeit bis hin zum Lynchmord bestimmten den Alltag der Schwarzen im US-amerikanischen Süden.
Zwei Tage später versuchten es die Aktivisten erneut, diesmal war auch Friedensnobelpreisträger Martin Luther King angereist. Es half nichts: Umringt von seiner Schlägertruppe verkündete Sheriff Clark lapidar, der Marsch werde nicht fortgesetzt und erteilte den Befehl, anzuhalten.
"We are here to say, that this march will not continue. You are ordered to stop."
Die Bürgerrechtsaktivisten ließen sich zum Gebet nieder und kehrten um. Mit allen Mitteln versuchten weiße Rassisten, Martin Luther King zu diskreditieren. Das FBI schnüffelte in seinem Privatleben herum und auch der Klan hetzte offen gegen King: er sei gesteuert von Kommunisten, verfüge über den Schlüssel zum Weißen Haus und glaube, er könne alles erreichen, was er nur wolle: "he has the key to the White House."
Alle wollten Martin Luther King sprechen hören
Nach zwölf Tagen hatten sich die verschiedenen Bürgerrechtsgruppen wieder gesammelt, das Für und Wider, die Gefahren eines erneuten Versuchs diskutiert - und Washington entschloss sich endlich zum Eingreifen.
Am 21. März startete der dritte Marsch aus Selma nach Montgomery am Highway 80 entlang, diesmal begleitet von Armee und Nationalgarde. 86 Kilometer, vier Tage lang waren die Teilnehmer unterwegs, manche liefen den ganzen Weg mit, andere waren auf Teilstrecken dabei.
Am 24. März hatten sie endlich ihr Ziel erreicht.
Am nächsten Morgen zog es 25 000 Menschen vor das State Capitol Building von Montgomery. Sie wollten Martin Luther King sprechen hören:
"An alle, die gesagt haben, nur über unsere Leichen schafft ihr es bis hierher: die Welt weiß heute, dass wir hier sind und vor den Mächtigen in Alabama stehen. Und niemand wird uns dazu bringen umzukehren."
Im August 1965 unterzeichnete Präsident Johnson ein neues Wahlrechtsgesetz, den Civil Voting Act, auch ein Erfolg des Selma-Montgomery Marsches. Doch Martin Luther King machte sich kaum Illusionen über den schnellen Erfolg dieser Bürgerrechtsaktionen. Nur ein Jahr nach dem Marsch, zwei Jahre bevor er im April 1968 selbst Opfer eines rassistischen Mordanschlags wurde, schrieb er:
"Im Januar, in Alabama, als die Schlangen schwarzer Menschen vor den Registrierungsbüros immer länger wurden, entfernten die Demokraten den Slogan von der weißen Vormacht aus ihrem Parteisymbol. Er mag in vielen Herzen weiterleben, aber er ist von den Zungen verschwunden."
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