Alte Musik

Kulturimport

Ensemble Weser Renaissance / Leitung: Manfred Cordes
Das Ensemble Weser-Renaissance mit seinem Leiter Manfred Cordes © Jörg Landsberg
27.11.2014
Ein Großteil der italienischen Renaissance-Musik stammt eigentlich aus Belgien. Die "Fiamminghi" - die Flamen - Musiker aus der franko-flämischen Kultur spielten eine prägende Rolle in Venedig. Musik von Adrian Willaert und seinen Schülern singt das Ensemble "Weser Renaissance" in einem Konzert in der Bremer Kirche "Unser Lieben Frauen".
Die italienische Musik der Renaissance erhielt ihre wesentlichen Impulse zunächst durch ‚Kulturimport', nämlich durch Sängerkomponisten aus der Provinz Flandern. Im 16. Jahrhundert wetteiferten die italienischen Stadtstaaten bzw. deren Herzöge um die kulturelle Vormachtstellung. Sie sandten ihre Agenten in den Norden und riefen die bedeutendsten Musiker an ihren Hof, um einerseits dessen Repräsentationsfähigkeit, andererseits aber auch ihren eigenen umfassenden Kunstsinn im Sinne der Gedankenwelt der Renaissance nach außen zu dokumentieren.
Die an den Sängerschulen der flämischen Kathedralen, den sog. Maîtrisen, im Geiste der klassischen Vokalpolyphonie ausgebildeten Musiker kannte und schätzte man in ganz Europa. Waren es wirtschaftliche Erwägungen, war es die Aussicht auf das milde Klima und den kulturellen Kontext: Die Gründe für diesen „Exodus" der musikalischen Oberschicht in den Süden sind letztlich nicht geklärt. Jedenfalls erfreuten sich die ‚Oltremontani' oder ‚Fiamminghi' – wie sie genannt wurden – südlich der Alpen größter Anerkennung und leiteten durch ihren Einfluss und die Zusammenarbeit mit den heimischen Kräften eine Entwicklung ein, die Italien dann sehr bald zu einem „Kulturexportland" werden ließ.
Adrian Willaert wirkte von 1527 bis 1562, also über 35 Jahre als Kapellmeister an San Marco zu Venedig, wo er mit seinen „Salmi spezzati" einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung der mehrchörigen Musizierpraxis leistete. Seine Sammlung „Musica Nova" mit kunstvollen Motetten und Madrigalen begründete Willaerts Nachruhm in der gesamten Musikwelt. Zu seinen bedeutenden Schülern zählten u.a. Andrea Gabrieli, Cyprian de Rore, Nicola Vicentino, Claudio Merulo und niemand Geringeres als der damalige „Theoriepapst" Gioseffo Zarlino. Claudio Monteverdi bezeichnet ihn später als "Vollender der prima prattica."
(Text: Manfred Cordes)
Bremen, Kirche "Unser Lieben Frauen"
Aufzeichnung vom 13. November 2014
Adrian Willaert in Venedig
Adrian Willaert
Domine, quid multiplicati sunt à 4 / Ergo dormivi, Psalmmotette
Laudate pueri Dominum à 8, doppelchöriger Psalm
Ricercare X für Orgel solo
Benedicta es coelorum Regina à7 / Per illud Ave, Marienmotette
Praeter rerum seriem à 7 / Virtus Sancti Spiritus, Marienmotette
Ricercare I für Orgel solo
Sustinuimus pacem à 5 /Peccavimus cum patribus nostris, Motette
Lauda Hierusalem Dominum à 8, doppelchöriger Psalm
ca. 20.50 Uhr Konzertpause, darin: "Ein Flame am Canale Grande" - Manfred Cordes im Gespräch
Adrian Willaert
Credidi,propter quod locutus sum à 8, doppelchöriger Psalm
Ricercare XIV für Orgel solo
Sassi, palae, sabbion à 5 . Trauermotette auf den Tod von Andrea Gabrieli
Lorenzo Benvenuti
Giunto Adrian fra l'anime beate à 5, Trauermotette
Adrian Willaert
In convertendo à 8, doppelchöriger Psalm
Cyprian de Rore
Concordes adhibete animos, Motette „in mortem Adriani Willaert"
Ensemble Weser-Renaissance:
Franz Vitzthum, Alex Potter, Cantus
Achim Schulz, Bernd Oliver Frölich, Tenor altus
Jan van Elsacker, Hermann Oswald, Tenor
Ulfried Staber, Kees Jan de Koning, Bass
Eudald Danti Roura, Orgel
Leitung: Manfred Cordes