Als Journalismus noch besoffen machte

Von Patrick Wellinski · 02.08.2012
Für die einen war der US-Amerikaner Hunter S. Thompson ein egozentrischer Drogen- und Alkoholsüchtiger, für die anderen ein erstklassiger Journalist. Berühmt wurden seine radikal-subjektiven Reportagen. Die Verfilmung seines autobiografischen Debütromans "The Rum Diary" in der Hauptrolle mit Johnny Depp ist eine Hommage an den umstrittenen Publizisten.
Szene aus dem Film:
" - Bob, Sie kommen wie gerufen, das ist Paul Kemp, der Neue aus New York!
- Ja, wir hatten schon das Vergnügen!
- Waren Sie schon mal in Puerto Rico?
- Nein.
- Oh, Sie werden begeistert sein. Hier herrscht gerade ein Riesenboom, da schwimmt man ganz oben mit, ganz oben. "

Nach ganz oben will auch Paul Kemp. Der erfolglose Schriftsteller aus New York hat dem Amerika der 1960er-Jahre den Rücken gekehrt, um sich auf Puerto Rico als Journalist durchzuschlagen. Doch mit seinen investigativen Vorschlägen kann er bei seinem cholerischen Chefredakteur nicht landen, da der keine ernsten Geschichten in seinem bunten Touristenblättchen haben will. Paul soll die Horoskope schreiben – und da ist auch noch die Sache mit dem Alkohol.

Szene aus dem Film:
" - Und? Wie läuft es mit dem Entzug?
- Ich habe es schon reduziert.
- Ich geh mal davon aus, Sie meinten damit die Flaschengröße ... Wie schafft man 161 Fläschchen aus der Minibar? Das sind fast 100 Fläschchen die Woche! Da müssen die ja vier Mal am Tag neu auffüllen!
- Ist das nicht im Preis mit drin? "

Basierend auf Hunter S. Thompsons gleichnamigem autobiografischen Debütroman folgt der Film "The Rum Diary" dem orientierungslosen Alkoholiker Paul Kemp durch die feuchtfröhlichen Nächte Puerto Ricos, die nie enden. Eines Tages begegnet Kemp dem schmierigen Immobilienhai Hal Sanderson ...

Szene aus dem Film:
" - Paul, ich wollte mit Ihnen sprechen, weil ich jemanden suche, der widersprüchliche Ansichten unter einen Hut bringt und eine Stimme daraus macht. "

Hal Sanderson will Paul als PR-Manager für ein ausbeuterisches Immobilien-Projekt auf Puerto Rico engagieren. Paul Kemp gerät in ein moralisches Dilemma: Ist er bereit, sich für schnelles Geld zu korrumpieren? Oder finden sich in diesem kaputten Alkoholiker vielleicht doch noch ein paar Tropfen journalistisches Berufsethos, also etwas, dass sich der Aussicht auf ein Leben in sorglosem Reichtum entgegenstellen könnte? Paul trifft eine Entscheidung:

Szene aus dem Film:
" - Es geht um Baubetrug und die systematische Ausrottung eines Paradieses. Tausende Menschen werden dabei einfach entsorgt wie Müll.
- Sie sind abartig Kemp. Es geht Ihnen doch gar nicht um die Menschen, sondern nur um Sie!
- Das nennt man Journalismus.
- Da muss ich lachen. Sie kriegen nicht mal Ihren Suff auf die Reihe, aber hier spielen Sie den großen Mann. "

Regisseur und Drehbuchautor Bruce Richardson hat zusammen mit Produzent und Hauptdarsteller Johnny Depp eine humorvoll-entspannte Hommage an den berühmten Gonzo-Journalisten Hunter S. Thompson gedreht. "The Rum Diary" erzählt von einem Verlierer, der mitten im moralisch-korrupten Klima Puerto Ricos eine Mission verspürt:

Szene aus dem Film:
" - Ich möchte Ihnen, dem Leser, ein Versprechen leisten, und ich weiß nicht, ob ich es morgen oder übermorgen einlösen kann. Aber ich werde alle Drecksschweine dieser Welt bloßstellen. Und ich werde jeden Einzelnen von Ihnen ins Herz zu treffen. Und ich werde immer auf der Seite meiner Leser sein. Das verspreche ich, und zwar mit der Stimme aus Tinte und Wut. "

Links bei dradio.de:

"Rum Diary"
Film-Hommage an Hunter S. Thompson von Bruce Robinson
Hunter S. Thompson, Schriftsteller und Journalist
Hunter S. Thompson© AP
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