Akustischer Schatz

"Hier spricht der Zackenbarsch"

Nahaufnahme eines australischen Zackenbarschs beim Verspeisen eines kleineren Fischs.
Nahaufnahme eines australischen Zackenbarschs beim Verspeisen eines kleineren Fischs. © picture alliance / dpa / Neil Vincent
Von Kerstin Burlage · 29.07.2014
"Stumm wie ein Fisch" - das ist eine Redensart, die nur etwas darüber aussagt, wie ignorant wir Menschen gegenüber den Meeresbewohnern sind. Fische sind mitnichten stumm. Einer, der das beweisen kann, ist Meeresbiologe Johannes Kinzer.
"Ich dachte, dass ich Ihnen mal die Schwarzgrundel, die ja hier im Nordseebereich zuhause ist, 'Gobius niger' ist der wissenschaftliche Name. Und die hört sich dann ungefähr so an ..."
- Schwarzgrundel -
"Dann kann ich Ihnen ja den Seeskorpion mal vorführen ... "
- Seeskorpion -
"Und jetzt als nächstes: Der graue Knurrhahn."
- Knurrhahn -
"In meiner Berliner Wohnung hatte ich ein Aquarium und preiswert waren immer Meergrundeln gewesen. Zum Teil hatte ich sie mir aber auch selbst vom Mittelmeer geholt. Es waren noch Zeiten, da kannte man noch keine Plastiktüte. Und dann hab ich einfach diese Fische in offenen Büchsen transportiert in der Eisenbahn. Der Schaffner sagt: 'Was ist denn das da drin? - Ooch, Seepferdchen, ist das niedlich!' Ich hatte obenauf immer die Seepferdchen." Und so fing ich damals an. In meinem Zimmer hörte ich eben dieses merkwürdige Geräusch und ich dachte: Das kommt doch da hinten aus der Ecke heraus, das müssen die Fische sein!"
- Schwarzgrundel -
"Hab ich mir näher angeguckt und tatsächlich sah ich da ein Vibrieren der Kiemendeckel. Und wenn man dann ein Stethoskop ans Becken hielt – na dann war's ganz deutlich und eindeutig! Und dann hat ein Freund – der hatte zufällig ein Hydrophon, ein Unterwassermikrophon, der hat das dann zuerst mal für mich aufgezeichnet und so kam das ganze ins Laufen."
- Schwarzgrundel -
"Ein Männchen, das alleine lebt, zu einer Zeit, wo sie geschlechtsreif sind, das Männchen seine Hoden praktisch in voller Reife hat, und die Weibchen ebenfalls dick sind und rundlich, das heißt sie sind bereit zum Ablaichen, da gibt man dem Männchen jetzt ein, zwei Weibchen ins Becken rein. Und sofort spürt es das Männchen und schwimmt raus und ruft."
- Seeskorpion -
"Drohlaut und Balzlaut sind identisch. Aber zur Fortpflanzungszeit verstehen die Tiere das auch ganz ambivalent. Sie hören es und sagen: Oh, da ist ein Männchen, das ruft. - Wo ist es? Und was das Weibchen als lieblichen Gesang empfindet, das findet der männliche Kumpel 'um Gottes Willen, nix wie weg!' oder 'Wo sitzt er, den werde ich doch mal verscheuchen, das ist mein Revier'"
- Seeskorpion -
"Ich hatte einen amerikanischen Kollegen, William Tavolga in Florida und der beschrieb in einem kurzen Aufsatz in einer Fachzeitschrift, von grunzenden Meergrundeln. Und ich hab ihn dann später in den USA mal besucht. Und so kam dann ein ganzes Audioarchiv zusammen, das man dann hier in diesem Kasten aufbewahrt. Die meisten Sachen sind schon recht lange in meiner Sammlung. Das sind die von Herrn Tavolga – auf Tauschbasis kann man sich am besten helfen.
Man braucht ja nur erst mal eine Ahnung zu haben: Wie entstehen die Laute. Dass Knochenteile aneinander reiben oder Zähne quasi knirschen. Und das andere sind dann die Schwimmblasenlaute, die sehr viel lauter sind. Und die tragen dann Trommelmuskeln: Die Schwimmblase, die gespannte Haut und da drauf Muskeln, die stark vibrieren. Es ist tatsächlich so, dass die Trommelmuskeln von Fischen die schnellst vibrierenden Muskeln sind, die es im Tierreich gibt.'"
- Zackenbarsch -
"Die amerikanische Marine "US Office of Navel research", die waren natürlich interessiert an Fischlauten: Wie hören die sich an, was kann man machen, um die aufzuzeichnen und da haben sie eine Amerikanerin gefunden, eine Frau, Mary Poland Fish – wie englisch der Fisch auch heißt. Und sie hat den Auftrag gehabt, sämtlich Fische, die sie kriegen konnte, aufzuzeichnen akustisch. Damit sie sehen: Wenn wir jetzt akustisch ausgelöste Minen anfertigen lassen, dann darf es um Gottes Willen nicht von den Fischen ausgelöst werden. Und sie hat alles aufgezeichnet.
Und da kann auch ein Laie sehr schön beitragen indem er auch seine Fische, die er in seinem Wohnzimmer-Aquarium hat, auch mal belauscht. Und wenn er was Interessantes hört, muss er nur wissen, welcher ist es, den jetzt isolieren – ja, das ist er!
Und dann kann er beschreiben, die und die Art, die hab ich da und da gehört. Und dann gibt es Aquarium-Zeitschriften, die nehmen solche Beiträge sehr gerne. Und wenn dann Wissenschaftler Interesse haben, dann kann dieser Wissenschaftler sich mit diesem Amateur-Aquarianer und Bioakustiker zusammensetzen, und so könnte man vieles Neues noch entdecken."