"Ärzte ohne Grenzen" zur Lage in Griechenland

Flüchtlinge werden ungenügend versorgt

Männer stehen auf einer Straße am Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos.
Männer stehen auf einer Straße am Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos. © imago/Xinhua
Florian Westphal im Gespräch mit Kirsten Lemke · 18.06.2016
Seit dem Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei kommen deutlich weniger Flüchtlinge. Doch die Menschen, die vor dem Krieg geflohen sind, sind bitter enttäuscht - und sie werden ungenügend versorgt, beklagt die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen".
Nach einem Treffen mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras am Samstag betont, dass es in den Flüchtlingscamps genügend Platz für die über 55.000 Menschen gebe, die seit Schließung der Grenzen in Griechenland festsitzen. Jetzt gehe es darum es darum, die Qualität der Unterbringung zu verbessern, insbesondere für schutzbedürftige Gruppen wie unbegleitete Minderjährige.

"Größtes Problem der Menschen ist die Ungewissheit"

Hilfsorganisationen dagegen kritisieren die schwierigen Bedingungen, unter denen die Flüchtlinge ausharren müssen. "Die Situation auf den griechischen Inseln bleibt nach wie vor sehr schwierig für die Menschen auf der Flucht", sagte Florian Westphal von "Ärzte ohne Grenzen" am Samstag auf Deutschlandradio Kultur. Derzeit würden sich rund 8.000 Migranten dort befinden. Ihr größtes Problem sei "die Ungewissheit, was nun eigentlich mit ihnen passiert".
Hinzu komme, dass die Aufnahmelager auf Inseln wie Lesbos oder Samos oft überbelegt seien. Die hygienischen und sanitären Bedingungen seien "ungenügend". Die Menschen würden oft nicht so versorgt, wie es sein sollte, und hätten "medizinische und vor allem auch oft psychologische Probleme", sagte Westphal.

Asylverfahren kommen offenbar nur langsam voran

Die asylrechtliche Situation der Menschen sei "schwer nachvollziehbar". Einige der Flüchtlinge hätten auf den Inseln einen Asylantrag gestellt, aber die Bearbeitung ginge langsamer voran als angekündigt. Außerdem würden die Menschen "so gut wie nie informiert über das, was jetzt eigentlich läuft und welcher Prozess jetzt eigentlich für sie infrage kommt".
Schuld an der Situation sei die europäische Flüchtlingspolitik, insbesondere auch das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei, so Westphal. "Nur deswegen konnte es ja dazu kommen, dass eine Organisation wie 'Ärzte ohne Grenzen' mitten in Europa einen Nothilfeeinsatz durchführen musste diese letzten 15 Monate, wie wir uns das nie hätten träumen lassen."
Zuvor hatte UN-Chef Ban ein Flüchtlingslager auf Lesbos besucht und Griechenland für die große Solidarität gelobt, mit dem das Land den Flüchtlingen begegnet sei. Griechenland brauche aber auch stärkere Unterstützung. Die internationale Gemeinschaft dürfe das Land bei der Flüchtlingshilfe nicht allein lassen.