Adam Bodnar, Bürgerrechtsbeauftragter in Polen

Hüter der Freiheit, Gegenspieler der Mächtigen

Porträt des polnischen Bürgerrechtsbeauftragten Adam Bodnar
Der polnische Bürgerrechtsbeauftragte Adam Bodnar: Leise, aber entschieden © picture alliance / dpa / Tomasz Gzell
Von Henryk Jarczyk · 30.05.2016
Der polnische Bürgerrechtsbeauftragte Adam Bodnar ist weitaus mächtiger als viele seiner Kollegen in den europäischen Nachbarstaaten. Er ist ein Mann der leisen Töne - unterschätzen sollte ihn die Regierung in Warschau deswegen aber besser nicht.
Adam Bodnar weiß wie man gegen Bürokratie, politische Willkür oder juristische Unzulänglichkeiten kämpft. Der promovierte Jurist verfügt über eine langjährige Erfahrung darin. Als stellvertretender Leiter der Helsinki-Stiftung in Warschau musste der Verfassungsrechtler und Menschenrechtsaktivist regelmäßig komplizierte Fälle lösen. Und zum Teil auch politisch äußerst heikle Angelegenheiten anpacken:
"Unter juristischen Gesichtspunkten hat die Affäre rund um die CIA-Gefängnisse in Polen große Emotionen geweckt. Ein Thema das lange als absolutes Tabu galt. Auf unseren Druck hin begannen die Politiker in Polen zuzugeben, dass es ein solches Gefängnis gegeben hat und sie erzählten wie es funktionierte."
Enthüllungen, die für Schlagzeilen sorgten und den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg jahrelang beschäftigten. Was nicht zuletzt auch dem damals 27-jährigen Juristen zu verdanken ist. Heute ist Adam Bodnar 39 und seit knapp einem Jahr Beauftragter für Bürgerrechte in Polen.

Auch die soziale Ungerechtigkeit ist Thema für Bodnar

"Was ich heute mache, ist zum großen Teil eine gewisse Fortsetzung meiner Arbeit in der Helsinki-Stiftung für Menschenrechte, nur mit einem etwas veränderten Charakter. Jetzt bin ich offiziell im Namen des Staates für die Überwachung der Einhaltung der Menschenrechte verantwortlich. Einige Themen, mit denen ich mich früher nicht beschäftigen konnte, sind jetzt sogar zu meinen Pflichten geworden. Zum Beispiel wurde der ganze Bereich der sozialen Ungerechtigkeit, die ein enormes Problem in Polen darstellt, in der Helsinki-Stiftung nicht besonders beachtet. In meiner heutigen Funktion als Ombudsmann ist es ein sehr wichtiger Teil meiner Arbeit."
Ein spannender, gleichzeitig aber auch ein denkbar anstrengender Job, gibt Adam Bodner unumwunden zu. Dann denkt er kurz nach, sucht nach den richtigen Worten, äußerst darum bemüht, bei dem, was er jetzt sagen will, ja politisch korrekt zu bleiben.
"Wer weiß, ob das Amt des Bürgerrechtsbeauftragten nicht auch ein gewisses Korsett dem Betreffenden aufzwängt, so dass man manchmal weniger darf als sonst, wenn es um die Aussagen vor der Öffentlichkeit oder in Medien geht. Der Ombudsmann hat immerhin die Aufgabe, mit den Verwaltungsorgangen zusammenzuarbeiten und ist verpflichtet, die Behörden zu respektieren. Auch wenn ihm bestimmte Entscheidungen oder Gesetze nicht gefallen. Klar, er verfügt über ein bestimmtes Instrumentarium, er muss aber vermeiden, an politischen Auseinandersetzungen teilzunehmen oder die politische Realität zu kommentieren. In der Helsinki-Stiftung hatte ich größere Freiheiten. Da durfte ich alles kommentieren."

Er lässt sich politisch nicht unter Druck setzen

Bodnar hält nichts vom Poltern, er ist ein Mann der eher leisen Töne. Einschüchtern oder politisch unter Druck setzen lässt sich der engagierte Menschenrechtsaktivist dennoch nicht. Im Gegenteil. Seit dem Nationalkonservative im Land mit absoluter Mehrheit regieren und das Land nach ihrem Gusto nicht nur politisch, sondern eben auch juristisch völlig umkrempeln, kämpft Adam Bodnar mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln gegen das System Kaczynski.
"Seit meiner Amtsübernahme habe ich etwa 20 Klagen im Verfassungstribunal eingereicht. Die meisten Anträge befassen sich mit Gesetzen, die das Verfassungsgericht lahmlegen. Darüber hinaus lasse ich prüfen, ob das neue Polizeigesetz verfassungskonform ist oder das Gesetz, mit dem die Auswahl von höheren Beamten geregelt wird. Ich klage gegen das neue Mediengesetz, gegen die Novellierung der Strafprozessordnung und gegen die Zusammenlegung des Amtes des Generalstaatsanwalts mit dem des Justizministers."
Der polnische Bürgerbeauftragte ist weitaus mächtiger als viele seiner Kollegen in den europäischen Nachbarstaaten. Qua Verfassung ist Bodnar der offizielle Hüter der Rechte und Freiheiten aller Bürger im Land und dabei nur dem Parlament Rechenschaft schuldig. Seit der Machtübernahme durch die Partei "Recht und Gerechtigkeit" ist der Bürgerbeauftrage gleichzeitig aber auch einer der bedeutendsten Gegenspieler der Regierung. Spaß – sagt Bondar – mache das nicht wirklich. Aber es sei nun mal sein Job. Hat er Angst, von der Regierung kaltgestellt zu werden?

"Ich habe nichts verbrochen"

"Ich habe nichts verbrochen, und daran halte ich mich. Wenn ich erfahre, dass ich angeblich eine Straftat begangen haben sollte, dann werde ich überlegen, was zu tun ist. Es wäre aber ziemlich unsinnig, a priori darüber nachzudenken welche Konsequenzen mich irgendwann erreichen könnten oder mit welchen politischen Schikanen ich rechnen muss. Das ist nicht meins. Ich habe hier einen Job zu erledigen."
Ans Aufgeben denkt Adam Bodnar aber nicht. Als er vor über einem Jahrzehnt führende Politiker in Polen mit den CIA-Gefängnis-Vorwürfen konfrontierte, da konnte sich auch niemand vorstellen, dass der emsige Jurist sich durchsetzen würde. Warum sollte es heute bei seinem Kampf gegen die Nationalkonservative Regierung also anders sein.
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