"Acht Brücken"

Kölner Zentralmoschee öffnet für Musikfestival

Die Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld ist immer noch eingerüstet.
Die Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld ist immer noch eingerüstet: Ihre Eröffnung hatte sich wegen Baumängeln immer wieder verschoben. © picture alliance / dpa / Rolf Vennenbernd
Von Jan Tengeler · 01.05.2016
"Musik und Glaube" ist das diesjährige Motto des Kölner Musikfestivals "Acht Brücken". Eröffnet wurde es mit einer kleinen Sensation: einem Konzert in der noch nicht offiziell eröffneten Zentralmoschee. Mutig ist auch die Auswahl der Künstler.
"Die Schönheit Gottes wird in der Musik dargeboten, man sagt: Gott hat die schönsten Namen, aber wie klingen sie: Allah? Rachman? Wenn man das musikalisch macht… (singt) Es hat einen ganzen anderen Eindruck, es ist nicht nur Text, sondern gesungene Spiritualität."
Mit Klängen aus dem islamischen Kulturraum wurde das diesjährige Acht-Brücken-Festival in Köln eröffnet. An einem außergewöhnlichen Ort, der neuen Zentralmoschee, die in der Domstadt lange für viel Gesprächsstoff und Ärger gesorgt hat. Vor diesem Hintergrund und bei der derzeitigen politischen Gesamtlage ist das eine kleine Sensation.
Die Moschee ist zwar immer noch nicht offiziell eröffnet, aber den Verantwortlichen von Moscheegemeinde und Festivalleitung sind gemeinsame konfessionsübergreifende Aktivitäten wichtig. Bekir Alboga ist der Generalsekretär und Leiter der Moschee. Er ist erleichtert, sich gerade jetzt nach der Forderung von Unionsfraktionschef Volker Kauder, Moscheen staatlich überwachen zu lassen, als offenherziger Gastgeber präsentieren zu können:
"Warum müssen wir Zeit vergeuden? Miteinander reden. Miteinander ins Gespräch eintreten, einen Dialog führen, wir sollten keinen Raum den anderen überlassen, die diesen freien Raum nicht für friedliches Miteinander nutzen, sondern eher Gegenteil. Wir haben jetzt eine andere Ebene, nämlich auf einer Konfliktfreien Ebene, nämlich durch Musik wollen wir kommunizieren."

Umstrittene Komponistin aus Russland

So konfliktfrei wie von Bekir Alboga vermutet, ist die beim "Acht Brücken"-Festival gespielte Musik allerdings nicht durchweg. Mit Galina Ustwolkaja steht in diesem Jahr eine russische Komponistin im Mittelpunkt, deren Oeuvre als besonders radikal gilt, wie der Künstlerische Leiter des Festivals, Louwrens Langevoort erläutert:
"Sie ist eine Schülerin von Schostakowitsch, sie hat ihren eigenen Weg genommen – sie ist mit dem Kopf durch die Mauer und hat eine Musik geschrieben, die so eigen ist, schön ist das Begriff nicht, aber wenn man sie verstehen will, dann fasziniert sie, dann greift sie an, sie ist nie negativ, sondern bringt einen nicht dazu in den Rhein zu springen, um es mal so zu sagen."
Schon allein wegen der eher winterlichen Temperaturen am Eröffnungssamstag hätte man lieber nicht in den Rhein springen sollen, aber die schroffen Klänge von Galina Ustwolskaja gehen unter die Haut.
In der Komposition "dies irae" – Tage des Zorns – soll die Kreuzigung Jesu Christi akustisch nachempfunden werden – in unerbittlicher Strenge mit acht Kontrabässen, Klavier und einem Holzwürfel als Schlaginstrument.

Das wichtigste Ereignis in der Menschheitsgeschichte

Auch der kanadische Pianist Lubomyr Melnyk orientiert sich in seiner Komposition "For the three Kings" an der Christus-Figur. Es geht um die Geburt Jesu, deren ganze Bedeutung bis heute der Welt nicht klar sei. Es sei das wichtigste Ereignis in der Menschheitsgeschichte, sagt Melnyk.
"It is the birth of jesus christ, it was the greates statement of human history… that is why"
Zu später Stunde fand in der Kölner Kirche St. Aposteln die Uraufführung des Stückes "For the three Kings" von Lubomyr Melnyk statt. Seinen Stil beschreibt er selbst als "Continuous Music", bekannt ist der Komponist und Pianist damit eher in der Popszene als in der Avantgarde.

"Das ist schon ein elitärer Kontext"

Dementsprechend hatte sich das Festivalpublikum zum Abend hin deutlich verjüngt. Und es wurde munter darüber philosophiert, welchen Stellenwert denn neue und neueste Musik für die heutigen Gesellschaft haben könnte.
"Ich wünsche mir, dass Neue Musik nicht so elitär ist."
"Ist dieses Festival dafür geeignet?"
"Wenn ich mich umschaue, das ist schon ein elitärer Kontext"
"Das ist konträr, aber neue Musik muss elitär sein dürfen, es erreicht nicht alle, nicht alle wollen erreicht werden…."

Nicht alltägliche Klänge

Reine Innerlichkeit, die nicht nach Außen lauscht und der Versuch, auch ein größer es Publikum für nicht alltägliche Klänge zu begeistern – beides versucht das "Acht Brücken"-Festival in Köln miteinander zu verbinden. Am gestrigen Sonntag übrigens mit acht Konzerten bei freiem Eintritt.
Im Mittelpunkt stand dabei Chormusik mit Werken von Alfred Schnittke bis Olivier Messiaen. Und es gab ausgesprochene Crossoverprojekte z.B. mit dem Kölner Flüchtlingschor oder dem Programm "Über uns der Himmel", in dem irakische, deutsche und türkische Musiker ihre Form spiritueller Weltmusik verwirklichen.
Das 8 Brücken Festival läuft noch bis zum 10. Mai an verschiedenen Spielstätten der Kölner Innenstadt, das Programm verbindet auch an den kommenden Tagen ambitionierte Avantgarde, Pop und Weltmusik.
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