Absurder Witz mit großer Ernsthaftigkeit

Von Christian Berndt · 29.07.2010
Was passiert, wenn ein querschnittsgelähmter junger Mann und sein Zivi sich in dieselbe Frau verlieben? Der Regisseur Dietrich Brüggemann erzählt in "Renn, wenn du kannst" eine Geschichte über Liebe und Behinderung, ohne dabei rührselig zu werden.
Filmausschnitt:
"Wie heißt die Tante noch mal, die dich rausgeschmissen hat? – Theresa. – Ah, grüne Augen, rote Augen, Muskelschwund, richtig?- Kennst du sie? – Klar kenn ich die, ich kenn die alle. Mit Muskelschwund ist nicht zu spaßen. Noch schlimmer sind allerdings die MS-Kranken, die sind ganz krass drauf. Dagegen sind sogar Querschnittsgelähmte verhältnismäßig harmlos. Das Schlimmste allerdings ... – Du, du willst du nicht einfach sagen, was auf mich zukommt?"

Auf Christian scheint einiges zuzukommen. Der Zivildienstleistende tritt seinen Dienst an beim querschnittsgelähmten Ben: Und der intelligente, schlagfertige Rollstuhlfahrer, gespielt von Robert Gwisdek, will Christian erstmal mit Horrorgeschichten über Behinderte schocken. Aber der lässt sich nicht so leicht einschüchtern:

Filmausschnitt:
"Soll ich morgen wiederkommen? - Willst du morgen wiederkommen ist die Frage. – Warum nicht? – Dann würde ich Herrn Wiener sagen, dass wir jetzt ein Paar sind. – Tu das."

Christian, von Jacob Matschenz verkörpert als lebenslustiger Kerl, und der zynische Ben sind ein ziemlich ungleiches Duo. Aber sie können gut miteinander, und es entwickelt sich vorsichtig eine Freundschaft. Doch dann kommt ein Unfall dazwischen:

Filmausschnitt:
"Oh Gott, das tut mir total leid. Ich, ich übernehme den Schaden, meine Mitbewohnerin hat ne Haftpflichtversicherung, das kann man bestimmt irgendwie ... Ich bin Christian, das ist Benjamin. Ich bin sein Zivi. – Hallo."

Der Unfall wird zum Glücksfall. Annika, gespielt von der Schwester des Regisseurs, Anna Brüggemann, passt ganz gut zu den Jungs, die Musikstudentin hat kein körperliches, aber ein seelisches Handicap – sie traut sich nichts zu. Die drei haben sich gefunden - und Ben erlebt plötzlich etwas, was er nicht für möglich gehalten hätte:

Filmausschnitt:
"Auf Rollstuhlfahrer stehen nur ganz, ganz komische Frauen. Das heißt, wenn ich mich verliebe, gibt es meistens riesige Katastrophen."

Die drei verlieben sich untereinander, bis es unübersichtlich wird. Dietrich Brüggemann inszeniert diese einfühlsame Liebes- und Freundschaftsgeschichte so leicht wie ernsthaft. Nicht sentimental, aber bewegend – was auch den drei jungen Schauspielern zu verdanken ist, die mit Leidenschaft dabei sind und die Balance halten zwischen den absurden und traurigen Momenten des Films.
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