Abschluss der Paralympics

Was bietet der Staat paralympischen Stars?

Paralympics in Rio: Markus Rehm, David Behre, Felix Streng and Johannes Floores feiern ihren Erfolg über die 4x100 Meter Staffel.
Gold für die 4x100 Meter Staffel. © dpadpa / Jens Buettner
Von Ronny Blaschke · 18.09.2016
Die deutschen Behindertensportler haben ein positives Fazit der Paralympics gezogen. Mit 18 Gold-, 25 Silber- und 14 Bronzemedaillen erreichte das Team Platz sechs der Nationenwertung, die China eindeutig gewann. Die Branchenführer spielen jedoch in einer anderen Finanzklasse, so Ronny Blaschke.
Die deutschen Sportler gehören bei den Paralympics zum oberen Mittelfeld, die Spitze ist weit entfernt. Doch man sollte diese Zahlen nicht als Krise werten. Die Branchenführer spielen in einer anderen Finanzklasse. China, die Nummer eins im Medaillenspiegel, hat mit viel Geld in eine verzweigte Talentförderung investiert. Im Reich der Mitte leben 83 Millionen Menschen mit einer Behinderung. In Großbritannien erhielten olympische und paralympische Sportler seit 2012 gemeinsam rund 400 Millionen Euro, vor allem aus Lotterieeinnahmen. Die US-Amerikaner profitieren von Sozialsponsoren, die Ukrainer von Oligarchen. Die Deutschen müssen sich mit 3,2 Millionen Euro pro Jahr zufrieden geben. Der Hauptsponsor ist das Bundesinnenministerium.

Die Entwicklung zählt, nicht nur das Ergebnis

Der DBS mit seinem Präsidenten Friedhelm-Julius Beucher hat schon 2013 ein Drittel mehr gefordert. Nicht für die Produktion von Medaillen, sondern für den Ausbau seiner Strukturen. Im Gegensatz zum Deutschen Olympischen Sportbund lehnt der DBS Medaillenvorgaben ab. Er möchte seinen Athleten ein Umfeld bieten, in dem sie Bestleistungen erzielen können. Wenn diese dann zu Medaillen führen, ist das willkommen. Wenn nicht, ist es auch nicht der Untergang. Kaum eine Nation ist bei den Paralympics sportlich so breit aufgestellt wie der DBS. Es zählt auch die Entwicklung, nicht nur das Ergebnis.
Die Paralympics sind ein kurzer Rausch, der für knapp zwei Wochen öffentliche Aufmerksamkeit bringt. Die rund 150 deutschen Athleten repräsentieren in Rio immerhin auch mehr als 600.000 Verbandsmitglieder. Die große Mehrheit ist im Rehabilitationssport aktiv, ihr Durchschnittsalter liegt bei über 60. Und diese Zahlen werden weiter steigen, denn die Gesellschaft wird älter.
Der Behindertensportverband in Deutschland braucht starke Vorbilder an der Spitze. Zum Beispiel, um jungen Unfallopfern mit einer Amputation den Weg in ein sportlich aktives Leben zu weisen. Oder: Von Kindern und Jugendlichen haben bundesweit sechs Prozent eine Einschränkung. Bei ihnen liegt der Organisationsgrad in Sportvereinen bei vierzig Prozent. Das ist ausbaufähig und deshalb braucht die Organisation eine stärkere Unterstützung, auch an der Spitze.

Behinderte Menschen können keinen Soldatenstatus erlangen

In den Sportfördereinrichtungen des Bundes, also Bundeswehr, Bundespolizei und Zoll, gibt es mehr als 900 Arbeitsplätze für nichtbehinderte Sportler. Für Athleten mit einer Behinderung sind es nur sechs. Diese Zahlen werden sich nie angleichen, und das müssen sie auch nicht. Behinderte Menschen können keinen Soldatenstatus erlangen, aber es dürfte andere praktische Lösungen für eine Gesellschaft geben, die auch einen inclusiven Anspruch hat - oder ihn zumindest postuliert. Bis zu den Winterspielen 2018 im südkoreanischen Pyeongchang bleiben dafür anderthalb Jahre Zeit.
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