Ablenkung für Erwachsene

Ausmalen statt Leertrinken

Ein altes Malbuch mit dem Titel "In's Märchenland!" aufgenommenin einem Antiquariat
Gut, wenn man auch als Erwachsener noch ein altes Malbuch im Regal hat. © picture alliance / David Ebener
Micha Hilgers im Gespräch mit Nicole Dittmer und Julius Stucke · 21.04.2015
Das Ausmalbuch für Erwachsene "Secret Garden" hat sich weltweit fast eineinhalb Millionen Mal verkauft. Der Diplompychologe Micha Hilgers sieht darin eine Möglichkeit, sich zu entspannen - manche trinken dafür Alkohol, andere setzen auf Autogenes Training oder eben aufs Ausmalen.
Die Illustratorin Johanna Basford aus Schottland, die "Secret Garden" erschaffen hat, hat eine einfache Erklärung für den Erfolg solcher Bücher: "Ich glaube, es tut gut, mal runterzukommen, etwas Analoges zu machen, den Stecker zu ziehen", sagte sie in der britischen Zeitung "The Guardian". Viele Eltern hätten ihr erzählt, dass sie immer heimlich ausgemalt haben, als die Kinder im Bett waren und"jetzt haben sie ihre eigenen Hefte".
Rücksinnen auf die Kindheit
Andere Illustratoren zielen mit ihren Ausmalbüchern sowohl auf die Fantasie als auch auf den Humor. So gibt es verschiedene Bücher, die Erwachsenenprobleme wie Beziehungskonflikte, Stress oder böse Bürokollegen im Stil von Kinderbüchern darstellen. Auch Stars wie Taylor Swift, Benedict Cumberbatch oder Ryan Gosling kann man inzwischen ausmalen.
"Das ist ein Rücksinnen auf Kindheit", sagt der Diplompychologe Micha Hilgers im Deutschlandradio Kultur. "Die meisten von uns haben ja Malbücher gehabt, wo es feste Formen gab und Figuren, die man ausmalen konnte" - als Erwachsener versuche man die Selbstvergessenheit und das Versinken in etwas wiederzugewinnen.
"Wir alle haben das Bedürfnis nach Entspannung, die kann man auf unterschiedlichste Weise herbeizuführen - Alkohol ist eine Möglichkeit, Entspannungsverfahren sind eine andere."
Ein Malbuch konfrontiere nicht so stark dem eigenen Innenleben wie etwa das autogene Training, sagt Hilgers. Statt sich mit innerer Leere und drängenden Fragen zu befassen, könne man sich beim Malen auf eine äußere Angelegenheit konfrontieren "und das mag viele Menschen beruhigen, abgesehen davon, dass sie dann einen Moment von den Sorgen und dem Stress des Alltags weg sind".
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