"80 Prozent der Lehrstellen werden vom Mittelstand angeboten"

30.09.2006
Zum Beginn des neuen Lehrjahres hat der Präsident des Bundesverbands der mittelständischen Wirtschaft, Mario Ohoven, ein stärkeres Engagement der deutschen Großkonzerne am Ausbildungsmarkt gefordert. Die 43.000 Lehrstellenbewerber, die nach Schätzung der Bundesregierung ohne Ausbildungsplatz blieben, könnten "fast alle" beschäftigt werden, würden die großen Unternehmen ihrer Verantwortung gerecht werden.
Im Deutschlandradio Kultur sagte Ohoven am Samstag, "80 Prozent der Lehrstellen werden vom Mittelstand angeboten. Es wäre gut, wenn die Großkonzerne jede Menge mehr tun würden. Sie sind dazu in der Lage und können das ändern." Der Arbeitgebervertreter wies allerdings darauf hin, dass unter den 43.000 Bewerbern 29.000 aus dem Vorjahr stammten, die wegen fehlender Qualifikationen leer ausgingen.

Ohoven verwahrte sich gegen Kritik von Gewerkschaftsseite: "Die von den Gewerkschaften gern heraufbeschworene Lehrstellenkatastrophe findet auch in diesem Jahr nicht statt. Die Wirtschaft hält erneut den 2003 beschlossenen Ausbildungspakt ein." So böten die deutschen Betriebe 4000 Lehrstellen mehr an als im Vorjahr an und dies geschehe, so Ohoven wörtlich, "trotz miserabler Rahmenbedingungen". Es kämen sehr viele Lehrlinge mit schlechter Vorbildung aus der Schule.

"Sonderprogramme oder eine Ausbildungsplatzabgabe bringen überhaupt nichts, wenn nur an den Symptomen herumkuriert wird." Hier seien in erster Linie die Schulen gefordert. Die Lehrer müssten viel enger mit den potentiellen Ausbildungsunternehmen zusammenarbeiten. "Es wäre auch sinnvoll, wenn unsere Lehrer, wie im Nachbarland Dänemark, Betriebspraktika absolvieren müssten. Unsere Ausbilder können jedenfalls nicht die Nachhilfelehrer der Nation sein", sagte Ohoven.

Die hohe Ausbildungsvergütung sei ein weiteres Problem, welches gerade kleine Unternehmen außerordentlich belaste. Deshalb schlägt der deutsche Mittelstand eine leistungsabhängige Differenzierung der Azubi-Entgelte vor. Das hieße 300 Euro Grundgehalt plus Zuschläge für gute Leistungen in der Berufsschule oder im Betrieb. Auch halte er die Finanzierung von berufsvorbereitenden Praktika durch staatliche Mittel für sinnvoll.