65 Jahre Grundgesetz

    "Danke Deutschland!"

    Schriftsteller Navid Kermani redet am 23.05.2014 im Bundestag in Berlin auf der Feierstunde anlässlich des 65. Jahrestages des Inkrafttretens des Grundgesetzes.
    Navid Kermani: Festredner anlässlich des 65. Jahrestages des Inkrafttretens des Grundgesetzes. © dpa/Hannibal Hanschke
    23.05.2014
    Dass ein Kind von Migranten an das Inkrafttreten des Grundgesetzes erinnere, sei etwas Besonders, sagte der Schriftsteller Navid Kermani im Bundestag. Der Sohn iranischer Einwanderer fand aber auch kritische Worte zum Jubiläum.
    Der Bundestag erinnerte in einer Feierstunde an den 65. Jahrestag des Inkrafttretens des Grundgesetzes am 23. Mai 1949. Narvid Kermani sprach als Gastredner zu den Delegierten - und bezeichnete dies als eine Pointe, berichtet Christine Habermalz im Deutschlandradio Kultur. "Es gibt nicht viele Staaten in der Welt, in denen das möglich wäre", sagte der Schriftsteller und Orientalist iranischer Einwanderer mit Blick auf seinen Hintergrund als "Deutscher, der nicht nur deutsch ist".
    In der Tat sei es zu keiner Zeit toleranter zugegangen, so Kermani. Die Grundlage hierzu habe das Grundgesetz geschaffen, das alle Menschen vor dem Gesetz gleichstelle. Die Worte Kermanis seien geradezu eine Liebeserklärung an das Grundgesetz gewesen, bewertete Gudula Geuther im Deutschlandradio Kultur die Hauptrede der Feierstunde.
    "Das Asyl - als Grundrecht praktisch abgeschafft"
    "Doch wir können das Grundgesetz nicht feiern, ohne an die Verstümmelungen zu denken", sagte Kermani auch und kritisierte hierbei vor allem die Änderungen von Artikel 16. Dieser habe in seiner ursprünglichen Fassung gesagt, dass politisch Verfolgte "unser Asylrecht genießen". Durch seine Änderung und Ausweitung 1993 habe Deutschland das Asyl- als Grundrecht "praktisch abgeschafft". Der Schriftsteller appellierte an die Abgeordneten, das Grundgesetz von diesem "hässlichen herzlosen Fleck" zu bereinigen.
    Deutschland müsse vor allem in der Flüchtlingspolitik seine Verantwortung in der Welt wahrnehmen, mahnte Kermani. Es ginge nicht darum, "alle Mühseligen" aufzunehmen. Es gebe aber "genügend Ressourcen, die politisch Verfolgten zu schützen, statt die Verantwortung auf die sogenannten Drittstaaten abzuschieben", sagte Kermani gegen Ende seiner Rede.
    Das Land solle sich nicht verschließen, sondern könne stolz darauf sein,"so anziehend zu sein". Im Namen aller Einwanderer bedankte sich Kermani am Schluss: "Danke, Deutschland!" Für seine Rede erhielt er immer wieder und am Ende lange andauernden Applaus.
    Lammert würdigt – und kritisiert
    Zuvor hatte bereits Bundestagspräsident Norbert Lammert das Grundgesetz als "Glücksfall der deutschen Geschichte" gewürdigt. Auch er stellte in Frage, ob "Änderungen und Anpassungen ähnlich gelungen sind wie der Verfassungstext". Inzwischen sei der Text "deutlich dicker, aber nicht deutlich besser geworden", sagte der CDU-Politiker.
    Zu den "glücklichen Innovationen" des Grundgesetzes gehöre die Schaffung eines Bundesverfassungsgerichts, "auch wenn man nicht mit jeder einzelnen Entscheidung glücklich sein muss". Lammert mahnte in dem Zusammenhang ein anderes Verfahren zur Wahl der Richter des Bundesverfassungsgerichts an.
    bor/stfr/hum
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