60 Jahre Stratocaster

Die Gitarre, die den Rock erschuf

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Fender-Gitarren in Pastelltönen © picture alliance / dpa / Susannah V. Vergau
Von Laf Überland · 25.11.2014
Buddy Holly, Hendrix, Ritchie Blackmore, Gilmour oder Dylan - sie spielten auf einer Stratocaster. Vor sechzig Jahren ging sie in Serie und noch heute gilt sie als beliebteste und meistverkaufte E-Gitarre weltweit.
Musik: Pink Floyd - Have A Cigar
Leo Fender war eine Art Daniel Düsentrieb des Rock'n'Roll: Er saß in seinem Radiogeschäft herum in Kalifornien und bastelte - und erfand dabei zum Beispiel die elektrische Bassgitarre, mit der der Bassist - beweglicher und schneller - war als mit der alten dicken Oma Kontrabass; er entwickelte Verstärker mit eingebauter Hallspirale, die diesen nassen Sound des Surferrock ermöglichte -
Musik: Dick Dale & His Del-Tones - Misirlou
und er erfand die Rockgitarre. Oder sagen wir: Eine elektrische Gitarre, die diesem "elektrisch" tatsächlich entsprach: Eine Gitarre, die in einen Verstärker gestöpselt wird, braucht ja keinen Resonanzraum mehr, sie muss ja nicht mehr selberklingen: Also braucht man eigentlich auch keinen dicken Korpus mehr, sondern kann doch ein einfaches Brett nehmen. - Und Leo Fender nahm einfach ein Brett, sägte es in Form, schraubte einen Hals dran und einen Tonabnehmer drauf und nannte das Telecaster, 1950: Die erste in Massenproduktion hergestellte gute E-Gitarre war das.
Keith Richards spielt sie heute noch gern
Leo Fenders Rechnung ging auf: Heerscharen von jungen Leuten, die Rock'n'Roll-Musik spielten, schwenkten von dickbauchigen Vollresonanzgitarren auf seine preisgünstigen - und stabilen - Rockbretter um. Klar, schlicht: Keith Richards spielt sie heute noch gern und auch der abgehoben klingende Jazzgitarrist Bill Frisell. Aber für die aufbegehrende Jugend war dieser spartanische Klang eigentlich zu soft. Zu kläglich. Die Telecaster konnte nicht brüllen! - Also musste ein gewalttätiges Nachfolgemodell her. Und das wurde die Stratocaster.
Die Stromlinienform der Fender Stratocaster irritierte viele Gitarristen erstmal: Zwar diente das nach Heckflosse aussehende obere Horn des asymetrischen Korpus dem leichteren Ausbalancieren vom Gewicht her, aber Fender gab dem Instrument ja auch diesen zukunftsweisenden Namen "Stratocaster" - aus "Stratossphäre" und dem Vorläufer "Telecaster". Die Strat sollte die Gitarre der Zukunft sein.
Vor allem aber sollte der Klang die Hör- und Spielgewohnheiten revolutionieren: Es gab einen Hebel, mit dem man die Saitenspannung verändern konnte. Die wichtigste Klangneuerung aber fand sich auf dem Korpus unter den Saiten: Die Stratocaster hatte drei elektrische Tonabnehmer, die sich mit einem Schalter unterschiedlich ein- und ausschalten ließen.
Les Paul vs. Fender
Natürlich war, gerade virtuosen, Gitarristen der drahtige, aber flache Sound auf Dauer zu platt - besonders wenn sie bluesig erzählende Soli spielen wollten. Darum griffen dann viele zu dieser anderen elektrischen Gitarre, der großen Konkurrentin. Die von der Mandolinen- und Jazzgitarrenfirma Gibson, die als Reaktion auf die Telecaster eine eigene elektrische Massivgitarre rausgebracht hatte - nach ihrem Entwickler Lester Polfuss "Les Paul" genannt. Im Gegensatz zum Fenderbrett bestand die aber aus unterschiedlichen, verleimten Holzarten, was die Klangeigenschaften - veredelte. Und je berühmter und einzigartiger die Sologitarrenspieler mit ihren Lieblingsinstrumenten wurden, umso stärker wuchs der Zwist, der den mannhaften Gitarrismus lange Jahre schüttelte!
Der amerikanische Gitarrist Jimi Hendrix tritt am letzten Tag (06.09.1970) des dreitägigen Pop-Festival "Love and Peace" auf der Ostseeinsel Fehmarn auf. Es war sein letzter Konzert-Auftritt. Hendrix starb am 18.09.1970 in London im Alter von 27 Jahren.
Der amerikanische Gitarrist Jimi Hendrix tritt am letzten Tag (06.09.1970) des dreitägigen Pop-Festival "Love and Peace" auf der Ostseeinsel Fehmarn auf. © picture alliance / Dieter Klar
Jimi Hendrix war tatsächlich ein ausgesprochener Fendermann. Jaja, und in Musikerblogs wird die Debatte heute noch geführt.
Musik: Jimi Hendrix - Star Spangled Banner
Hallen zum Einsturz gebracht
Aber inzwischen spielen Gitarristen, die lange genug auf den Saiten rumgeschrubbt haben, im Zweifelsfalle beide - je nachdem, was sie ausdrücken, beziehungsweise bewerkstelligen wollen: Eric Clapton zum Beispiel spielte die singendsten Soli auf der Les Paul, aber wenn er früher gelegentlich die Hallen zum Einsturz bringen wollte, nahm er die Strat.
Oder Mark Knopfler, den manche ja eher für einen Musiklehrer halten als für einen Rockmusiker: Dieser klingelnde drahtige Klang, mit dem Dire Straits berühmt wurden, kam aus der Stratocaster.
Musik: Dire Straits - Sultans Of Swing
... die späteren dickflüssigen Tonmalereien und voll hupenden Sounds hingegen kamen aus der Les Paul.
Musik: Dire Straits - Brothers in Arms
Und man könnte jetzt lange über das verwendete Eschen- oder Erlenholz für den Korpus und den Hals aus Ahorn mit einem Griffbrett gern aus Palisander schwärmen; oder über die Jahrgänge, die besonders gut waren ...
Aber die Stratocaster wurde einfach - zu der Gitarre, die den Rock machte. Und nicht mal die Zeit der Effekte hat ihr geschadet - als technisch kaum noch Neuerungen möglich waren außer, eine Lichthupe an die Gitarre zu bauen. Und sogar Ricky King und seine Lenorgitarre hat die Fender Stratocaster ohne Imageschaden überstanden.
Musik: Ricky King - Butterfly
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