60 Jahre Radarfalle

Happy Birthday, Blitzer!

Geschwindigkeitskontrolle - Lasermessgerät
Kommt heute ohne Radar aus: ein modernes Lasermessgerät © picture alliance / dpa / Inga Kjer
Von Laf Überland · 21.01.2017
Er ist ein Ärgernis für Raser, gilt unter Forschern als unwirksames Mittel gegen Schnellfahren – und hat sich längst zur stabilen Einnahmequelle für Bund und Kommunen entwickelt. Am Samstag wird der Blitzer 60 Jahre alt. Wir haben uns angesehen, was ihm so vor die Linse gekommen ist.
"Da in neuerer Zeit wider mehrere Unglücksfälle durch schnelles Fahren verursacht worden sind", so fand sich die Hamburger Polizey-Behörde im Oktober 1841 veranlasst, eine Verfügung ... "in Erinnerung zu bringen, nach welcher das schnelle Fahren der Wagen, besonders um die Ecken der Gassen, auf das Schärfste untersagt ist und die Contravenienten nach dem Grade ihres Vergehens mit Geld- oder Leibesstrafen belegt werden sollen."

Früher musste die Polizei mit der Stoppuhr messen

Das mit den Leibesstrafen gehörte gottlob der Vergangenheit an – obwohl die Kraftfahrzeuge noch viel schneller um die Ecken rasten, als jedenfalls am 21. Januar 1957 vermutlich das nordrheinwestfälische Innenministerium den Einsatz eines neu entwickelten Gerätes beschloss.
Ufa Wochenschau: "Geschwindigkeitsübertretungen werden von der Polizei mit unbestechlicher Genauigkeit festgehalten!"
Bis dahin musste die Polizei mittels Funkabsprache die Autos mit Stoppuhren kontrollieren, und sie hatte große Probleme, Tempoverstöße nachzuweisen.
Heinz Erhardt: "Hallo! He Sie! Kommen Sie zurück! Dieser Lümmel, wenn ich den erwische, ist er aber dran. Der kriegt von mir ein Strafmandat, das sich gewaschen hat!"

Ein kasperletheatergroßes Gerät

Ja, das war doch so gemütlich gewesen – Heinz Erhardt war Verkehrspolizist, und mit dem Wirtschaftswunder durften die Deutschen sich nicht nur Autos anschaffen, die durften auch immer größer werden und immer schneller, bis dann plötzlich...
Ufa Wochenschau: "Als Warnung, aber auch als Mahnung für alle tatsächlichen, möglichen und unmöglichen Autofahrer: Um Geschwindigkeitssünder festzustellen, arbeitet die Polizei neuerdings mit Radar. Es ist ein komplizierter Apparat, der sich hinter einem unscheinbaren Ausschnitt verbirgt. Ein Kilometer zu viel, und schon piept es. (Piiep...)"
Der Apparat der Firma Telefunken war ein kasperletheatergroßes Gerät, noch ohne Blitz. Die Beamten saßen im Wagen und gaben über Polizeifunk die Daten an einen anderen Wagen durch, der dann den Delinquenten anzuhalten hatte.
Ufa Wochenschau: "DKW, Cabrio, Farbe grau, Kennzeichen: Dora, Dora, 451. 70 km/h. Ende."
Aber als dieses Wunderding dann auch noch einen Fotoapparat samt einem Blitz angebaut kriegte, konnten Temposünder sogar nachts mit beweiskräftigen Fotos überführt werden. Zwar war der Kasten immer noch so groß und von Weitem sichtbar, dass man nicht wirklich von einer Radar-"Falle" sprechen konnte, aber ein Großteil der Autofahrer empfand das Knöllchen vom Straßenrand als Wegelagerei - hinter Hecken versteckt oder in VW-Bussen in heimlichen Fächern außen in der Front. Und als dann Anfang der Siebziger auch noch die festinstallierten Starenkästen am Straßenrand auftauchten, wurden die schon mal abgefackelt, abgesägt, mit roter Farbe eingesprüht oder gelegentlich auch schon mal erschossen.
Anfang der Neunziger begann deshalb die bayerische Polizei dann probeweise mit dem Zurückschießen: mit einer Laser-Radarpistole, die ein Polizist ganz unvermittelt auf ein Auto richten kann. Da dieses Gerät selbst für geübte Blitzerflitzer nun nicht mehr aus Entfernung zu entdecken war, rüsteten die Autofahrer auf, inzwischen hat der Markt für freie Autofahrer allerhand Selbstschutzmittel hervorgebracht: Im Internet gibt's Radarfallensuchmaschinen, und Smartphone-Apps bieten an, vor Blitzern zu warnen.

Geblitzt: Rennradfahrer, Gokart-Fahrer und ein Pferd

Falls es dann schon zu spät ist, sollen Infrarot- oder Lasereinrichtungen am Auto die Radarstrahlen neutralisieren, irgendwie. Selbst wenn die meisten dieser Dinger wirkungslos sind, ist ihr Einsatz trotzdem strafbar. Und längst gibt es ja auch Geschwindigkeitsmessung mit Lichtschranken, mit Helligkeitssensoren und Kabeln in der Fahrbahn.
Trotzdem müsste eine Stadt wie Bielefeld ohne ihren Starenkästen auf der A2 einige Millionen aus dem Jahresbudget streichen: Es wird geblitzt, was vor die Linse kommt, auch Rennräder und Gokart-Fahrer oder dieses Pferd, das die Brandenburger Polizei mal am Rande einer Bundesstraße im Landkreis Barnim blitzte, im gestreckten Galopp mit 43 km/h. Leider hatte das Pferd kein Kennzeichen.
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