50 Jahre Scorpions

Erfolgsgeheimnis aus Indien

Die Band Scorpions, bestehend aus Pawel Maciwoda (l-r), James Kottak, Klaus Meine, Matthias Jabs und Rudolf Schenker, am 06.02.2015 in Berlin während der 65. Internationalen Filmfestspiele
Die Scorpions: Pawel Maciwoda (l-r), James Kottak, Klaus Meine, Matthias Jabs und Rudolf Schenker, auf der 65. Berlinale © dpa / picture alliance / Jörg Carstensen
Von Uli Kniep · 26.03.2015
Ihr größter Hit war "Wind of Change" 1990. Obwohl die Scorpions inzwischen seit fünf Jahren auf "Abschiedstournee" durch die Welt sind, ist ein Ende nicht abzusehen. Den Grund für den Erfolg der Band, die sich 1965 in Niedersachsen gründete, sieht ein früherer Nachbar in einem Buch.
"I'm Going Mad" stammt vom ersten Album der Scorpions, das 1972 unter dem Titel "Lonesome Crow" erschien. Der renommierte Produzent Conny Plank hatte die Langspielplatte mit den fünf Musikern aus Sarstedt und Hannover aufgenommen.
Gründer Rudolf Schenker und Sänger Klaus Meine wollten immer schon hinaus aus Niedersachsen und ins internationale Geschäft. Mittlerweile sind die Scorpions "big in Japan" und in den Amerikas. Angefangen aber hat es in der Provinz mit Konzerten in Tanzsälen von Dorfgaststätten. Ausgangspunkt war Sarstedt, eine vom Kalibau geprägte Kleinstadt zwischen Hildesheim und Hannover.
Klaus Meine: "Dreh- und Angelpunkt war Sarstedt, dort lagerte unser Equipment in der Garage und stand unser Bus und von dort brachen wir auf in die Dörfer Niedersachsens. Das war so ein Möbeltransporter, wo man vorne sitzen konnte, und hinten war ein Guckfenster. Und weil das unbequem war, hinten auf den Boxen 800 Kilometer zu fahren, haben wir das die "Hölle" genannt. Irgendjemand musste also immer in die Hölle."
Ein früher Begleiter der Band auf ihren Reisen durch Norddeutschland war der heutige Fotograf Heinrich Hecht. Er hat sich als Teenager mit in den Transporter gezwängt und die Verstärker verladen:
"Ich war mit Michael Schenker befreundet, und ich war immer dabei, wenn die Scorpions einen Auftritt hatten. Und als wir 1972 nach Hamburg unterwegs waren zur Vorstellung der ersten Langspielplatte 'Lonesome Crow' mit einem weißen Ford Transit mit Doppelachse hinten, und ich lag hinten mit Michael auf den Boxen. Und irgendwann wurden wir von Polizeifahrzeugen eskortiert, über uns ein Hubschrauber, und wurden im Brunautal von der Autobahn auf die Raststätte geleitet. Um uns herum Scharfschützen, wir abgetastet nach Waffen, und die Erklärung war, dass am Abend vorher in Stuttgart ein weißer Ford Transit gestohlen worden war und man vermutete, die RAF dahinter."
Hochburg einer gewalttätigen Rockerbande
Mit zwei Stunden Verspätung erreichte die Band letztlich die Hamburger Fabrik und das Konzert konnte über die Bühne gehen.
Seit dem Debüt ist viel passiert, und der Gründer der Scorpions ist sogar Gegenstand einer wissenschaftlichen Arbeit geworden: "Die lebensgeschichtliche Entwicklung des Rockmusikers Rudolf Schenker im Zusammenhang mit seiner Band Scorpions unter besonderer Berücksichtigung sozialer und kultureller Faktoren" – so der Titel einer Diplomarbeit am Studiengang Kulturpädagogik der Uni Hildesheim.
Franz Gottwald schrieb 1985 als Student aus Sarstedt diese Arbeit über seinen ehemaligen Nachbarn, den damals schon weltweit agierenden Gitarristen der Scorpions. 1963 war Gottwald mit Rudolfs jüngerem Bruder Michael Schenker in eine Klasse der Volksschule gegangen, und so verfolgte er beider Karriere im Rockbusiness von Beginn an. Sarstedt galt damals als Hochburg einer gewalttätigen Rockerbande:
"Das war eine heiße Stadt, und die hatte auch keinen guten Ruf. Rudolf sagte immer 'Klein Chicago'. Da musste man sehen, dass man sich durchkämpfte, da waren viele Rocker und viele sind auch nicht sehr alt geworden. Wir stammten aus behüteten Elternhäusern, und wir wurden unterstützt von Zuhause, Vater Schenker hat die Plakate gedruckt, die Mutter saß an der Kasse. Aber ich habe die Scorpions nicht zuerst gesehen, aber oft gehört: Die probten open air an einer Kieskuhle, und wenn mein Bruder und ich im Bett lagen, hörten wir die Scorpions proben."
Song als Kirchengeläut
Bevor der Band der internationale Durchbruch gelang, mussten sie als Auftragsarbeit für einen Musikverlag unter dem Pseudonym "The Hunters" eine deutsche Version von "Fox On The Run" aufnehmen, und Sweet-Gitarrist Andy Scott bestätigt, dass die Scorpions damals zu ihren Fans zählten:
"Klaus Meine sagte mir, dass sie vielleicht nicht da wären, wo sie heute sind, wenn sie nicht mit uns damals auf Tournee gewesen wären. Umgekehrt habe ich viel Respekt vor den Scorpions!"
Diese Platte wurde ein Flop, die Scorpions aber bissen sich durch. Ein Geheimnis ihres Erfolges ist – und da ist Kenner Franz Gottwald sicher – die Entdeckung einer indischen Lehre, nach der Rudolf Schenker schon Jahrzehnte lebt und handelt:
"Sein Vater empfahl ihm das Buch, eine Autobiografie eines Yogi, und das Fazit ist eigentlich: Denk positiv, und alles was du erreichen willst, wirst du auch erreichen. Und man sieht ja an den Scorpions, das das funktioniert."
Wohl keine andere Rockband weltweit kann von sich behaupten, dass einer ihrer Songs täglich mehrfach als Geläut einer Kirche diente: Vom Turm der Ägidienkirche in Hannover erklingt "Wind of Change" als Geläut.
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