450. Geburtstag

Die Beherrschung des jambischen Versmaßes

Claire Danes als Julia und Leonardo DiCaprio als Romeo in einer Filmszene von "Romeo und Julia"
Claire Danes als Julia und Leonardo DiCaprio als Romeo in einer Filmszene von "Romeo und Julia" © picture-alliance / dpa / dpa-Film
Von Jochen Spengler  · 23.04.2014
"Lieber Herr, wollt Ihr für die Bewirtung der Schauspieler sorgen? Hört, lasst sie gut behandeln, denn sie sind der Spiegel und die abgekürzte Chronik des Zeitalters." Das lässt Shakespeare Hamlet sagen, der damit ein gutes Wort für eine seinerzeit nicht gerade hoch angesehene oder wohlhabende Zunft einlegt. Aber was denken diejenigen, die heute Shakespeares Worte vortragen, über den Dichter und Dramatiker?
"To be or not to be...."
In jeder Minute wird irgendwo auf der Welt gerade Hamlet aufgeführt.
"Er ist der am meisten gefeierte Schriftsteller auf dem Globus und er ist ein Engländer, da können wir doch sehr stolz drauf sein"
sagt Julian, der im Geburtshaus Shakespeares in Stratford-upon-Avon, gemeinsam mit seinem Schauspieler-Kollegen Martin, kleine Szenen nachspielt, um Besucher für den Dramatiker zu begeistern.
"Er ist ganz sicher modern. Die Themen und die Geschichten, die er schrieb, betreffen uns, die Gefühle, die die Personen durchleben, kennen wir auch heute noch. Klar wirkt er auch auf den modernen Menschen. Wie heißt es in Julius Cäsar?: Es gibt Gezeiten für der Menschen Treiben / Nimmt man die Flut wahr, führt sie uns zum Glück / Versäumt man sie, so muss die ganze Lebensreise / Sich durch Not und Klippen winden."
Julian und Martin sind an diesem Wallfahrtsort, zu dem täglich bis zu 4000 Touristen pilgern, ganzjährig engagiert. Ursprünglich kommen beide vom kleinen Attic Theater, das sich natürlich nicht mit dem großen Nachbarn, der renommierten Royal Shakespeare Company, messen kann. Dort wird gerade Heinrich der IV. gegeben – und es ist ausverkauft wie meistens. Michael und seine Frau Jill sind Shakespeares wegen extra aus Derby angereist:
In der Schule vermurkst
"Er war eine schreckliche Erfahrung in der Schule. Aber seit ich älter bin, ist es absolut großartig. Ich liebe es, doch ich glaube, man muss älter sein; unsere Schule hat ihn jedenfalls schrecklich vermurkst. Mit 15 war ich hier auf einem Schulausflug – und total gelangweilt."
"Du sagst Du warst gelangweilt? Ich habe ihn in der Schule gespielt, viele seiner Stücke. Sie werden bedeutungsvoller, wenn Du sie spielst. Shakespeare schafft es, alle Gefühle der Menschheit auf den Punkt zu bringen. Und er schafft es in seinen Stücken alle Elemente zu einer ergreifenden oder furchterregendem Gefühlsmischung zusammen zu fügen. Er fordert das Können der besten Schauspieler des Landes."
Die trifft man in einer Kleinstadt wie Stratford tagsüber gelegentlich auf der Straße. Alex Hassel etwa spielt Hal, den Sohn Heinrichs des Vierten, eine Hauptrolle im Stück. Und er bestätigt, dass ihm Shakespeare einiges abverlangt:
"Ja es ist schwierig. Die Aufgabe ist, es zu kapieren, wie Du das jambische Versmaß sinnvoll anwendest. Die Aufgabe scheint ganz einfach, aber die Ausführung ist ziemlich schwer, weil einige seiner Gedanken sehr kompliziert sind. Aber ich liebe gerade das; zu versuchen, seine unglaublichen und verwickeltsten Überlegungen, die er für andere verfasst hat, vorzutragen und ihnen Ausdruck zu verleihen."
Viel Rhythmus
"Ich find's leichter, weil es so gut geschrieben ist und viel Rhythmus drin ist. Und als Schauspieler wird Dir fast alles gegeben."
sagt dagegen Rosie Hilal, die als Tochter eines türkisch-englischen Elternpaars in Deutschland groß wurde.
"Viele Leute finden Shakespeare schwierig, vor allem wenn sie ihn lesen. Aber ich habe ihn immer verstanden, natürlich nicht alles und ich will jetzt auch nicht arrogant klingen, aber das hat mich nie gestört, wenn ich ein paar Worte nicht verstanden habe."
Die Mittzwanzigern hatte im letzten Jahr ein Engagement bei der Royal Shakespeare Company in Stratford. Inzwischen arbeitet sie auf der zweiten berühmten Shakespeare-Bühne Großbritanniens: dem Globe-Theatre in London:
"Was ich immer toll fand, waren diese großen Emotionen. Die fehlen mir im modernen Fernsehen auch oft – diese Tragik. Viele Schauspieler – nicht alle – lieben Shakespeare auch, weil es so eine Weite hat. Man hat mit der Sprache einen guten Zugang zum Charakter. Diese Sprache ist so stark."
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