40 Jahre BUND

Dem Naturschutz politische Schlagkraft geben

Mitglieder der Umweltschutzorganisation BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) demonstrieren am 11.10.2014 in Pfullendorf (Baden-Württemberg) mit Plakaten "Stoppt Fracking" und "No Fracking" gegen die Erdgasfördermethode Fracking in Baden-Württemberg.
Die Fracking-Methode zur Erdgasförderung ist in Deutschland weiter höchst umstritten. © picture alliance / dpa / Felix Kästle
Von Monika Köpcke · 20.07.2015
Der erste Umweltverband modernen Zuschnitts war der BUND. Er wurde heute vor 40 Jahren von einer kleinen Männerrunde aus der Taufe gehoben - unter ihnen Konrad Lorenz und Bernhard Grzimek.
"Ich finde, es ist doch geradezu idiotisch, mit immer größeren Einheiten immer mehr zu produzieren und immer mehr Landschaft zu zerstören. Unser Problem ist doch nicht, dass wir zu wenig zu essen haben. Unser Problem ist doch, dass wir zu wenig Landschaft haben, in der wir uns erholen können von dem Stress dieser Industriegesellschaft, in der wir leben."
Solch kritische Töne waren die deutschen Fernsehzuschauer von Horst Stern und seinen aufklärerischen Naturfilmen gewohnt. Der Journalist war dabei, als sich am 20. Juli 1975 im kleinen unterfränkischen Marktheidenfeld eine Gruppe von 19 honorigen Persönlichkeiten traf. Unter ihnen der CDU-Abgeordnete Herbert Gruhl, der Nobelpreisträger Konrad Lorenz und der bekannte Tierfilmer und Chef des Frankfurter Zoos, Bernhard Grzimek. "Wir wollen doch die Vielfalt des Lebens auf der Erde erhalten und nicht einen großen Teil für immer für unsere Nachwelt verschwinden lassen. "
Die Männerrunde war zusammengekommen, um dem Naturschutz eine neue Schlagkraft zu geben. Dessen Belange waren bis dahin Sache des "Bundes für Vogelschutz", des heutigen NABU. Er war traditionell im konservativen Milieu verankert, seitdem er 1899 von einer schwäbischen Unternehmer-Gattin mit dem Ziel gegründet worden war, die Jagd auf Zugvögel zu verhindern.
"Der deutsche Bund für Vogelschutz hat damals, ja, der hat Nistkästen aufgehängt. Und auf diesem Niveau bewegte sich da der Naturschutz. Politisch war der überhaupt nicht aktiv. Hier war eine Lücke."
Und in diese Lücke wollte man hineinstoßen, erinnerte sich Gerhard Thielcke, Professor für Ornithologie und Gründungsmitglied des BUND – des Bunds für Umwelt- und Naturschutz Deutschland.
"Dass aus der Atomenergie ausgestiegen wird, das war eins der ganz wichtigen Ziele. Und wir haben dann viele Kampagnen gemacht, um den BUND bekannt zu machen und aber auch gleichzeitig für Pflanzen und Tiere was zu erreichen. "
Chemieunfälle, Ölkatastrophen oder nukleare Pannen heizten die Empörung an
Also bewachte man Nester, zählte Bestände, säuberte Bäche und befreite die Landschaft von wilden Müllkippen. Der BUND kaufte Flächen für Naturschutzgebiete auf, führte Kampagnen für Solarenergie und Müllrecycling durch und machte als einer der ersten auf das Waldsterben aufmerksam. Es gab es keine große Demonstration, bei der seine Vorsitzenden nicht lautstark mitmischten.
"Wozu dient uns der angeblich immer höhere Wohlstand? Wo wollen wir schließlich hin damit? Wir werden uns bald fragen müssen, ob der Mensch nicht auch andere und höhere Ziele hat, als immer mehr zu verbrauchen, darunter auch immer mehr Energie. (Applaus) Und wir sagen Ihnen von dieser Stelle aus: Die Donau wird nicht zubetoniert. Das werden die Bürgerinnen und Bürger genauso wenig hinnehmen und zu verhindern wissen, wie sie genau vor zehn Jahren den Bau der WAA in Wackersdorf verhindert haben."
Chemieunfälle, Ölkatastrophen oder nukleare Pannen heizten die Empörung und das Aufbegehren an. Das Grundgefühl hieß: David gegen Goliath. 1986 sprach der damalige BUND-Vorsitzende Hubert Weinzierl auf dem deutschen Umwelttag:
"Wir stehen zu unseren Emotionen, zu unseren Ängsten und Hoffnungen, (Applaus) weil sie genauso real sind wie das Wäldersterben und die Gewässerverschmutzung. Wir werden daher nicht mehr ruhen, meine Damen und Herren, bis die letzte Atomfabrik abgeschaltet, die letzte Rakete verschrottet ist, und bis das Gespräch über Bäume und Vogellieder wieder so ernst genommen wird wie Lottozahlen, Autobahnen und Börsenkurse. "
Heute ist Umweltschutz meist nicht mehr eine Sache der großen Gefühle, sondern der nüchternen Wissenschaft und mühsamen Kleinarbeit. Der BUND ist dabei ein respektierter Akteur. Über eine halbe Million Mitglieder hat er und ist mit seinen 2300 Orts- und Kreisgruppen im ganzen Land vertreten. Nicht nur Nisthilfen sind sein Tagesgeschäft, auch bei Eingriffen in den Naturhaushalt muss er angehört werden. So will es das Bundesnaturschutzgesetz. Die Ungeduld früherer Jahrzehnte ist vorbei, auch wenn die Zeit drängt.
Bernhard Grzimek, Gründungsmitglied des BUND, sagte kurz vor seinem Tod 1987:
"Man wird so langsam etwas betrübt, wenn man sieht, wie wenig man im Grunde genommen erreicht, was hier alles weiter passiert. Aber man muss halt kämpfen und versuchen, wenigstens etwas zu erreichen."
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