3D-Filme

Emotionaler, intensiver, dramatischer

Model Sarah Anessa von Germanys next Topmodel kommt zur Premiere des Films "The Amazing Spider-Man" in 3D am Mittwoch (20.06.2012) in Berlin in das Kino Cinestar am Potsdamer Platz.
Ein Model bei der Premiere des Films "The Amazing Spider-Man" in 3D © dpa / picture alliance / Jens Kalaene
Von Thomas Gith · 04.09.2014
Eintauchen und live dabei sein - diesen Eindruck vermitteln 3D-Filme. Aber wodurch entsteht dieser Effekt im Gehirn? Diese Frage haben sich Berliner Forscher gestellt - und dabei Erstaunliches herausgefunden.
Die Astronauten Matt Kowalski und Ryan Stone schweben im Weltraum. Schwerelos gleiten sie durchs All, blicken in den dunklen Kosmos und auf die kleine Erde unter sich. Der Weltraum-Thriller Gravity spielt elegant mit der dritten Dimension und ihrer räumlichen Tiefe. Denn für den Zuschauer des Films fühlt es sich an, als gleitet er selbst schwerelos durchs All.
Nicht umsonst hat der Film aus dem Jahr 2013 sieben Oscars gewonnen - darunter die Auszeichnung für die besten visuellen Effekte. Eine Forschergruppe um Klaus-Robert Müller von der TU Berlin wollte wissen, was durch solche 3D-Filme im Gehirn der Zuschauer passiert. 25 Probanden haben sie dafür untersucht:
"Und zwar haben wir ein ganz interessantes Szenario. Auf der einen Seite gucken diese Probanden 2D-Videos und dasselbe Video auch noch mal in 3D. Und die Frage ist, an welchem Punkt in dem 3D-Video merkt man überhaupt, dass das Hirn anders reagiert als in dem 2D-Video. Also wir merken das ja, wenn wir ins Kino gehen, dass plötzlich dieser 3D-Film auf uns einströmt und dass wir irgendwie anders drin sind. Und dieses Phänomen haben wir versucht zu messen und das geht auch sehr erfolgreich."
Um die Aktivität in den Gehirnen der Probanden zu untersuchen, legten die Forscher die Teilnehmer in einen Magnetresonanztomographen. Der registrierte die Hirnaktivität, während die Probanden die gleichen Filme sowohl in 2D als auch in 3D sahen. Es handelte sich um jeweils 40 Sekunden lange Sequenzen, ganz ohne Ton und Musik. Und tatsächlich: Der Effekt der 3D-Filme war über deren ganze Dauer deutlich zu erkennen, erzählt Neurowissenschaftler Michael Gaebler:
"Das wichtigste Ergebnis unserer Studie ist, dass der Zusatz von stereoskopischer Tiefe, also dieser visuellen Tiefeninformation in 3D-Filmen, dafür sorgt, weniger dass die Hirnaktivierung stärker wird beim einzelnen Probanden, als vielmehr, dass die Hirnaktivierung sich stärker ähnelt im Vergleich zu den anderen Zuschauern. Und dass diese Ähnlichkeit der Hirnaktivierung potenziell im Zusammenhang steht, mit der der Stärke des subjektiven Empfindens."
Gleichschaltung im Kinosaal
Etwas lax gesprochen heißt das, die 3D-Filme schalten die Gehirne der Zuschauer gleich. Sie können sich dem Geschehen kaum entziehen, denn allesamt erleben sie die Filme mit räumlicher Tiefe ähnlich intensiv - und damit intensiver als konventionelle 2D-Filme. Besonders ausgeprägt war dieser Effekt im visuellen Cortex, der Bewegungsinformationen verarbeitet.
Auch im Film Gravity geht man bei den teils dramatischen Bewegungen der Astronauten intuitiv mit. Nachdem Weltraumschrott die Raumstation schwer beschädigt hat, treibt Ryan Stone freischwebend und hilflos im All. Der Zuschauer nimmt dabei die Perspektive der Astronautin ein: Er blickt wie sie aus dem Helm hinaus in die Tiefen des Alls, sieht die weit entfernte Erde als kleine Kugel unter sich.
Besonders stark wirken solche 3D-Szenen immer dann, wenn viel Bewegung in ihnen ist - und etwas Neues oder Dramatisches passiert. Die Forscher konnten das durch ihr Experiment belegen. Denn sie zeigten den Probanden sowohl ruhige 3D-Szenen, wie etwa eine Blüte, die sich langsam öffnet, als auch sehr actionreiche Sequenzen. Professor Klaus-Robert Müller:
"Also ein Beispiel, was ich geben möchte, ist ein Sprung aus einem Flugzeug von einem Fallschirmspringer. Da ist es so, dass am Anfang, gerade wenn der Fallschirmspringer da aus dem Flugzeug rausspringt, also ein riesen Unterschied ist zwischen 2D und 3D. Wir sind also viel mehr dabei bei 3D."
Mehr als eine nette Spielerei
Die Gehirne der Teilnehmer reagierten auf den Fallschirmsprung in 3D vor allem im visuellen Cortex viel synchroner als in der 2D-Sequenz - sie alle waren von der räumlichen Szene förmlich gefesselt. Das alles spricht dafür, dass die 3D-Filme intensiver erlebt wird. Eine begleitende Befragung der Teilnehmer stützt diese Interpretation der Messergebnisse. Michael Gaebler:
"Wir haben jeden Probanden nach dem Betrachten des Films gefragt, wie stark oder schwach er die Szene, die er gerade gesehen hat, erlebt hat. Und das konnte er beantworten auf einer Skala von eins bis sieben. Und was wir gefunden haben war, dass dieser Wert, dieser selbstberichtete Wert, dass der signifikant erhöht war bei 3D-Filmen, im Vergleich zu genau den gleichen Filmen in 2D."
3D-Filme sind also nicht nur eine nette Spielerei. Wenn die räumliche Tiefe mit der Handlung korrespondiert, erlebt der Zuschauer den Film tatsächlich intensiver. Für Dramaturgie und Schnitt von 3D-Filmen können diese Erkenntnisse also durchaus nützlich sein. In Gravity gibt es zum Ende noch eine dramatische Rettung: Mit einer Raumkapsel stürzt Ryan Stone auf die Erde hinab - und rettet sich in letzter Minute durch einen Fallschirmsprung, der sie sicher zum Boden bringt. Der Zuschauer schwebt in seinem Empfinden mit.