25 Jahre Local Heroes

Der größte deutsche Bandwettbewerb feiert Jubiläum

Die Band Madsen im Jahre 2006.
Die Band Madsen im Jahr 2009 bei einem Konzert im Café Grenzbereiche in Platenlaase/Wendland © Timo Vogt
Von Martin Risel · 02.08.2016
Local Heroes nennt sich Deutschlands größter nicht-kommerzieller Bandwettbewerb. Bis zu 10.000 Nachwuchsmusiker machen jedes Jahr mit – und zwar schon seit 25 Jahren und über die Grenzen Deutschlands hinaus.
Wie niedlich - als Magdeburger Schülerband wurden Devilish einst bei Local Heroes entdeckt, als Tokio Hotel wurden sie zu Weltstars. Eine der schönsten Erfolgsgeschichten aus 25 Jahren Local Heroes.
Geboren im gleichen Jahr wie die Kaulitz-Zwillinge – 1989 – wurde auch die Idee zu Local Heroes. Nicht weit entfernt direkt an der frisch geöffneten Grenze zwischen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. In der strukturschwachen Region wollten sich Kultur-Aktivisten aus Ost- und West-Deutschland vor allem um den musikalischen Nachwuchs kümmern. Local Heroes Gründungsvater Dieter Herker:
"Die es immer am schwersten hatten, waren die jungen Bands, die haben kaum ne Möglichkeit gehabt … Und so haben wir uns überlegt: Wie kriegen wir das hin, dass wir das irgendwie interessant machen und ein paar mehr Leute ranholen? Irgendwer hat gesagt: Lass es uns doch mal mit einem Wettbewerb versuchen. Alle haben geschrien: Bist du bescheuert oder was? Aber wir haben es dann doch einfach mal versucht, das nach außen als einen Wettbewerb darzustellen, um es für die Presse und für die Fans interessant zu machen. So, und das hat funktioniert von Anfang an. Und es läuft immer noch."
Noch eine schöne Erfolgsgeschichte: Bevor Madsen bundesweit bekannt wurden, waren sie ebenfalls als Band aus der Region mehrfach bei Local Heroes dabei und berichten als Contest-Paten seitdem gern öffentlich davon. Niko Maurer und Johannes Madsen:
"Als wir 1995 mitgemacht haben, gab’s das wirklich nur bei uns in der Gegend. – Wir haben uns natürlich tierisch gefreut, dass wir da gewonnen haben. – Wir freuen uns auch sehr, dass damals schon Local Heroes für uns einen wirklich bedeutenden Grundstein in unserer Musik und unserer ganzen Entwicklung gesetzt hat."

Schritt für Schritt zu einem europäischen Projekt

Neben solchen Einflüssen auf Tausende Musiker ist 25 Jahre Local Heroes vor allem eine deutsch-deutsche Geschichte, sogar eine mit europäischen Dimensionen, sagt einer der langjährigen Förderer, Professor Jan-Hendrik Olbertz, Ex-Kultusminister aus dem zuständigen Sachsen-Anhalt und zuletzt Präsident der Berliner Humboldt-Universität:
"Die haben ja auch mal den Deutschen Einheitspreis bekommen. Das waren ja drei Landkreise anfangs, die sich dann Richtung Westen ausdehnten. Und Schritt für Schritt wurde das zu einem europäischen Projekt. Insofern ist der Gedanke heute noch lebendig, er bezieht sich eben nicht mehr auf das geteilte Deutschland, sondern auf ein zusammenwachsendes Europa. Jetzt ist Ungarn dabei, Rumänien dabei, viele andere Länder des ursprünglichen Ostblocks. Und so hat das eigentlich immer noch seinen ursprünglichen Zweck im Sinn."

Newcomer-Förderung auf ganzer Linie

Und das war eben – neben der kulturellen Annährung zwischen Ost und West – vor allem die Förderung von Nachwuchsbands. Ganz egal, welche Art von Musik sie spielen.
"Das ist immer nach außen das Aushängeschild: der Contest. Aber was wir eigentlich machen wollen, ist ja Newcomer-Förderung. Und das in seiner ganzen Breite. Also zum einen Beratung, aber vor allem eben durch Coachings. Und es sind eben super viele Musiker, die bei uns zum ersten Male eine Bühne betreten. Und das ist eben auch das, warum Local Heroes bis heute ne Daseinsberechtigung hat: Junge Musiker kommen immer wieder nach und so sind wir jedes Jahr wieder in den ersten Schritten auch dabei."
… erzählt Julia Wartmann, die im vergangenen Jahr die Leitung von Local Heroes von Dieter Herker übernommen hat. Eine Generation jünger als der junggebliebene Alt-Hippie weiß sie natürlich, dass sich mit den Selbstvermarktungsmöglichkeiten im Internet einiges geändert hat für junge Musiker:
"Wenn Musiker an Local Heroes teilnehmen und das für sich nutzen, und zwar bestmöglich, indem sie ne professionelle Bühne haben mit toller Technik, mit gutem Sound, mit nem guten Bild … Und diese Video-Aufnahmen können Sie auch wieder weiterreichen. Dann hebst du dich natürlich von vielen Bands ab, die nicht diese Möglichkeit genutzt haben. Und die allein über Streaming oder Youtube oder was weiß ich versuchen, irgendwie nach vorn zu dringen."

"And the winner is …"

"Der Sieger von Local Heroes 2015 ist … Peak City aus Berlin!”
Mit den Sieger-Preisen konnten Peak City gerade ihre erste Single samt Video veröffentlichen. Aber wer bei Local Heroes mal dabei war, spürt auch diesen kreativen gemeinsamen Geist, der über dem Ganzen schwebt. Jeder, der da auf der Bühne steht, ist ein Sieger, bemerkte schon ein Teilnehmer des allerersten Wettbewerbes 1991:
"Dieser Wettbewerb ist so dieser kleine Stachel, um die Jungs wirklich rauszuholen und den Arsch zu erheben. Und alles andere ist fun, jooa, einfach machen! Und wer denn nun letztendlich gewinnt … ich denke mal: Alle haben letztendlich gewonnen, wenn das Ding dann durchgezogen ist. Alle Beteiligten - so oder so."
Local Heroes ist im Gegensatz zu den Contest-Konkurrenten in Deutschland nicht kommerziell ausgerichtet, funktioniert nicht als direkter Dienstleister für die Musikindustrie, verheizt keine Talente wie die Casting-Shows im Fernsehen, sondern: Local Heroes erfüllt soziale und kulturelle Aufgaben. Stephan Dorgerloh, bis vor kurzem Kultusminister von Sachsen-Anhalt:
"Uns ist ganz wichtig, dass wir Jugendliche an Kultur heranführen. Und Local Heroes ist eben unser Bandwettbewerb. Wir erreichen sehr viele Jugendliche damit, die musizieren, die in Garagen und Kellerräumen Musik machen und miteinander kulturell sich ausdrücken und das auch lernen auf diese Weise."

Zeit für ein Signal von der Regierung

Das Land Sachsen-Anhalt fördert Local Heroes seit Jahren, dazu kommen Mittel von Lotto, Stiftungen und einigen Sponsoren. Und während Alt-Chef Dieter Herker gerade zur langfristigen Sicherung eine eigene Local Heroes Stiftung aufbaut, pirscht sich Neu-Chefin Julia Wartmann an die großen Kulturtöpfe heran. Bei der EU läuft ein Förderungs-Antrag. Und vielleicht hat ja jemand von der Bundesregierung auch schon mal vom weltweiten Erfolg von Tokio Hotel gehört …?
"Ich würde so gern, dass wir die Plattform mehr als Lobby nutzen. Wir haben an die 10.000 Musiker im Jahr. Und ich wünsche mir, dass wir da ein Forschungsprojekt draus machen können: Welche Bedürfnisse haben junge Musiker, was brauchen sie? Und das eben bundesweit. Also es wäre wirklich an der Zeit, dass Local Heroes auch mal ne Bundesfinanzierung bekommt. Wir sprechen ja auch nicht über viele Gelder. Local Heroes ist schon immer der Künstler im Improvisieren gewesen und so wird das auch in Zukunft sein. Aber das einfach das Signal aus der Regierung kommt, zu sagen: Ihr habt euch jetzt 25 Jahre etabliert, das solltet ihr auch die nächsten 25 Jahre machen können."
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