25 Jahre Folkherbst Plauen

Gelebte Völkerverständigung

Die Berliner Band 17 Hippies
Die Berliner Band "17 Hippies" eröffnet den diesjährigen "Folkherbst" in Plauen. © dpa / picture alliance / Dirk Trageser
Von Wolfgang Meyering · 22.09.2016
Jedes Jahr wird die Kleinstadt Plauen im Vogtland zum Mekka der Folkmusiker aus ganz Europa. Denn das Festival "Folkherbst" ist mittlerweile international bekannt – und hat viel dazu beigetragen, dass Menschen ihre Scheu vor dem Fremden abbauen konnten.
"Das Publikum und die Künstler sind immer schon sehr gespannt aufeinander. Aber manchmal entstehen auch richtige Freundschaften zwischen ihnen, also zwischen Publikum und Musikern. Es gibt tatsächlich auch das ein oder andere Folkherbst Kind."
Seit 25 Jahren gibt es den Folkherbst im Malzhaus Plauen und wie Ute Götter erzählt, die für das Programm des Soziokulturellen Zentrums zuständig ist, verdankt auch der eine oder andere kleine Erdenbürger, mehr oder weniger, seine Existenz dieser international renommierten Veranstaltung. Gelebte Völkerverständigung sozusagen.
Gruppen aus ganz Europa bewerben sich nunmehr seit einem Vierteljahrhundert für diesen in Deutschland einzigartigen "Europäischen Folkpreis", und seine Trophäe den "Eisernen Eversteiner". Auch in der DDR hatte der damalige "Club Malzhaus" schon eine starke Beziehung zur Folkmusik. Doch das Reisen in viele Länder war für die Ost-Musiker damals nicht möglich. Ein geeintes Europa war noch weit entfernt, auch als kurz nach der Wende der Folkherbst aus der Taufe gehoben wurde.

Der Wunsch, fremde Länder kennenzulernen

"Diese Idee des Europäischen Gedankens, die entwickelte sich erst im Laufe der Zeit. Europa kam eher so aus dem Hunger heraus nach fernen Ländern, die uns früher einfach so verwehrt geblieben sind."
Die portugiesische Gruppe Seiva ist eine der insgesamt acht Bands die in diesem Jahr am Wettbewerb um den "Eisernen Eversteiner" teilnehmen. Daneben gibt es noch drei Sonderkonzerte mit so renommierten Gruppen wie etwa der Oysterband aus Großbritannien oder den Klezmatics aus den USA. Ute Gotter vom Malzhaus hat festgestellt, dass sich seit der Existenz des Folkherbstes auch das Publikum im Vogtländischen Plauen verändert hat.
"Inzwischen hat ein Großteil unseres Publikums auch Erfahrungen mit anderen Kulturen gemacht. Wo sie am Anfang die Musik noch zaghaft bestaunt haben, hat sich inzwischen so eine Selbstverständlichkeit europäischer Kultur entwickelt. Also mir persönlich ist es schon so gegangen, dass ich es musikalisch inhaltlich so toll fand, dass ich in das Land fahren musste, um selbst zu erfahren und zu spüren, wie sich das überhaupt entwickeln kann."
In Plauen und der Region haben die Konzerte des Folkherbstes viel dazu beigetragen, dass Menschen ihre Scheu vor dem Fremden abbauen konnten und sich intensiv mit anderen Ländern und Kulturen in Europa beschäftigen. Einige Besucher kommen sogar speziell zu Künstlern, deren Heimatland sie besonders lieben gelernt haben. Und auch bei den Menschen in der Europäischen Folkszene hat sich in den Jahren seit dem Bestehen des Folkherbstes eine Menge getan.
"Die Gruppen, die haben sich dermaßen verjüngt in den letzten 25 Jahren. Sie sind auch viel unverkrampfter in ihrer Musikalität."

Musik aus Russland, Norwegen oder den USA

Die jungen Bands haben heute, so Ute Gotter, auch eine sehr hohe technische Qualität, wie man sie vor 25 Jahren nur selten bei Folkgruppen finden konnte.
Auch die junge Norwegische Sängerin Elin Kåven wird beim diesjährigen Folkherbst zu hören sein. Sie gehört der Minderheit der Sami an, der Nordeuropäischen Rentier-Nomaden. Auch die Musik solcher europäischen Minderheiten will der Folkherbst in Plauen präsentieren und damit zeigen, dass auch diese kleinen Gruppen und ihre Kultur in einem geeinten Europa wichtig sind.
"Das Publikum und die internationalen wie nationalen Künstler begegnen sich beim Folkherbst Plauen auf Augenhöhe. So findet beispielsweise die Auswahl der Gruppen unter Beteiligung des Publikums ebenso statt, wie die Beurteilung der Konzerte. Man kann nach jedem Wertungskonzert auf den Eintrittskarten hinten ein bis sieben Punkte beim 'Adrenalin Pegelmeter' ankreuzen."
"Das Publikum soll ja schließlich etwas zu sagen haben. Sie sollen ja nicht nur konsumieren, sondern sie sollen uns auch ihre Meinung mitteilen, wie sie die Konzerte fanden. Und da war es von Anfang an ganz klar, wir vergeben einen Jury- und einen Publikumspreis."

In seiner Internationalität einzigartig

Wenn sich Jury und Publikum einig sind, dann gibt es auch schon mal nur einen "Eisernen Eversteiner". Sonst eben zwei. Der Folkherbst in Plauen ist ein gutes Beispiel für eine Veranstaltung, die nicht nur den Gedanken einer "Europäischen Identität" fördert, sondern sie hat es auch geschafft in der Region einiges an Vorurteilen gegenüber allem Fremden abzubauen. Auch international ist der Folkherbst Plauen eine der sehr wenigen europäischen Wettbewerbe in Sachen Folk.
Ich kenne keine vergleichbaren Preise in Europa, denn die allermeisten fokussieren sich auf die nationalen Musikszenen - und internationale Künstler spielen nur eine Nebenrolle. Und das das Publikum und die Jury in Plauen ebenso kritisch wie begeisterungsfähig sind, davon konnte ich mich selbst bei Wettbewerbskonzerten in den letzten Jahren überzeugen.

25. Folkherbst im Malzhaus, Plauen
Das Eröffnungskonzert findet am 24. September statt, mit "17 Hippies" und der russischen Gruppe "Vedan Kolod". Bis zum 25. November finden dann an fast jedem Freitag oder Samstag im Malzhaus Plauen Konzerte des Folkherbstes statt.

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