150 Jahre Matterhorn-Besteigung

Trottel mit Turnschuhen

Das Matterhorn, aufgenommen am Sonntag (24.07.2011).
Das Matterhorn © Marijan Murat / dpa
Von Hans-Jürgen Maurus · 12.07.2015
Der Berg selbst ist nicht gefährlich, heißt es - es ist eher der Leichtsinn der Menschen, die das Matterhorn gefährlich machen. Bergführer erzählen, was sie mit Möchtegern-Alpinisten bereits erlebten.
"Gefährlich ist der Berg selber eigentlich nicht. Was den Berg gefährlich macht, sind meistens die Menschen selber."
Wer dies sagt, kennt sich aus am Matterhorn. Anjan Truffer ist Bergführer, hat mehr als 200 mal den "Berg der Berge" erklommen und einiges mit seinen Gästen erlebt, so mancher Trottel meint, man könne mit Turnschuhen aufs Matterhorn, so Truffer:
"Das gibt's nach wie vor, immer noch, wobei weniger wie noch vor 20, 30 Jahren."
Auch Richie Lehner, Bergführer und Rettungsspezialist, sieht immer wieder erschreckende Defizite bei Möchtegern-Alpinisten:
"Das gibt Touristen, die zum Teil schlecht ausgerüstet sind, die mit falschem Material am Berg sind. Es gibt Eltern mit Kindern, die da am Berg sind. Es spielen sich da eigentlich ganze Familien- und Freundschafts-Szenarien am Berg manchmal ab."
Ehekrach, wenn die Frau besser als der Gatte klettert
Und so manchen Ehekrach, wenn die Frau besser klettert als der Göttergatte. Überraschungen erlebt auch Bettina Sulliger Perren immer wieder, die einzige Bergführerin Zermatts. Da war der Fall des Japaners, der beim Aufstieg nichts ass und trank, dafür aber ein seltsames Pülverchen schluckte:
"Das weiß ich immer noch nicht, was das für ein Pülverchen. Aber ich denke, es ist kein gesundes Pülverchen, und wenn sie das auf Dauer nehmen, kriegen sie höchstwahrscheinlich Gesundheitsprobleme, wie viele andere Spitzensportler auch. Also das ist jetzt so meine Einschätzung. Ein Doping am Berg ist immer wieder ein Thema. Dieser Japaner, den sie da ansprechen, der war da beim Abstieg plötzlich auch im Kopf nicht mehr da. Der war so konzentrationslos und wusste auch nicht mehr, wo links und rechts ist, und das ist dann schon eine Riesenherausforderung, so einen Kletterer wieder heil in die Hütte zu kriegen."
Nicht immer gehen Matterhorn-Abenteuer glimpflich ab
Auch Helmi Lerjen, Rettungsspezialist und bereits 187 mal als Bergführer auf dem Gipfel, hat so seine Erfahrungen, etwa mit einem kroatischen bärenstarken Gast:
"Bei der Begrüßung am Abend in der Hütte, da staunte ich nicht schlecht. Er war über zwei Meter groß, der hatte Pranken wie ein Tiger, ein richtiger Athlet, und am meisten staunte ich natürlich über seine Schuhgröße. Das war 51, und er freute sich auf die Besteigung, war gut vorbereitet, und dann aber war zur gleichen Zeit war ein Einsatz am Matterhorn, der Hüttenwart Kurt Lauber holte zwei Verletzte aus dem Hörnligrat 'raus, eine Routineangelegenheit. Sie waren verletzt, aber nicht schlimm und wurden dann evakuiert, und am anderen Morgen war das Übliche, war um vier Uhr wecken. Wir standen alle auf, das Frühstück, aber dann war der Gast nicht da. Nachher ging ich hoch, klopfte an seine Tür, er bat mich hinein. Da saß dieser mächtige Kerl auf dem Bett, die Hände zusammengefaltet, den Kopf auf dem Boden. Nachher hat er gesagt, er kommt heute nicht hoch, er hätte Angst."
Nicht immer geht das Matterhorn-Abenteuer so glimpflich ab, Richie Lehner über den Absturz eines japanischen Alpinisten, der meinte, solo das Matterhorn bezwingen zu müssen:
"Das war letzten Sommer war das. Der ist mit sehr schlechten Verhältnissen alleine an den Berg gegangen und ist dann abgestürzt. Man hat dann Jacke und Sachen von ihm noch gefunden, und ich war selber bei der Suche unten am Gletscher, am Matterhorngletscher dabei, und wir haben wirklich überall gesucht, ist er irgendwo in eine Spalte 'reingestürzt oder mit einer Lawine da 'runter, und wir haben den bis jetzt eigentlich noch nicht gefunden."
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