14. KinoKabaret in Hamburg

Filme drehen in 48 Stunden

Das KinoKabaret lockt Filmschaffende aus aller Welt an. Es findet jeden Sommer in Hamburg statt. Die Teilnehmer haben 48 Stunden Zeit, um einen Kurzfilm zu produzieren.
Auf die Plätze, fertig - los! Mit Lust am kreativen Wettstreit produzieren Filmschaffende beim KinoKabaret-Festival in Hamburg Kurzfilme. © HamburgerKino e.V.
Von Swantje Unterberg · 25.07.2016
200 Filmemacher aus aller Welt treffen sich jedes Jahr zum KinoKabaret in Hamburg – und alle haben ein Ziel: In 48 Stunden einen Kurzfilm zu drehen. Wie fühlt es sich an, im Turbo-Tempo kreativ sein zu müssen? Das zeigt eine Momentaufnahme vom Filmfestival.
"KinoKabaret", das heißt Filmen gegen die Zeit. Alle 48 Stunden bringen Kinobegeisterte beim Hamburger Filmtreffen neue Kurzfilme auf die Leinwand, gedreht und geschnitten wird also in nur zwei Tagen. Doch die Teilnehmer trudeln verspätet ein, erst um elf Uhr morgens begrüßt Initiator Lukas Scheper die rund 60 Anwesenden.
"Welcome to the third round of the KinoKabaret”
Ein Drittel der Teilnehmer kommt aus dem Ausland: Burkina Faso, Israel, Brasilien, Frankreich, Italien, England. Noch 39 Stunden bis zur nächsten Vorführung, die Runde beginnt:

"If you wanna announce your movies just be prepared."

Kreativ im Team

21 Teilnehmer stellen ihre Filmidee vor, werben um Mitstreiter. Unter ihnen ist Neil Davis, Brite, seid über 20 Jahren in Hamburg:
"Meine Filmidee trägt den Titel ‚Redewendungen‘. Jede Sprache hat ihre Sprichwörter. Ein englisches etwa lautet ‚A bird in the hand is worth two in the bush‘, ein Vogel in der Hand zählt mehr als zwei im Gebüsch. Was zum Teufel soll das heißen? Es gibt auch viele deutsche Sprichwörter, die sehr lustig sind, auch wenn Deutschland nicht gerade für seinen Humor bekannt ist. In meinem Film geht es um deutsche Sprichwörter, erklärt für Ausländer.‘

Mit Kameramann Christian Kühn hat er sich vorab verabredet, Schauspieler und Maskenbildner braucht er noch. Nach der Vorstellungsrunde wird es chaotisch: Im Gewusel der nun knapp einhundert Anwesenden werden Regisseurinnen, Musiker, Tonassistentinnen gesucht. Davis gibt sich entspannt:
Teilnehmer des 14. KinoKabaret in Hamburg drehen gemeinsam einen Kurzfilm.
Kamera läuft - Ton ab. Dreharbeiten unter Zeitdruck beim KinoKabaret.© Swantje Unterberg
Was haben wir jetzt: es ist 20 nach zwölf, wir setzen uns gleich zusammen, gehen die ganzen Szenen durch, überlegen, wann wir was machen, wie viele Leute wir brauchen. Aber ich glaube, das ist echt kein Problem, weil viele Leute hier sind.
Die Medientechnikerin und freie Produzentin Kira will Davis bei der Dramaturgie beraten. Die diskutierte Szene: Butter bei die Fische.
Kira mit Davis im Gespräch:
"Ich fänd das Bild halt geil, wenn man Butter ins Aquarium schmeißen würde, aber du kannst ja keine echten Fische nehmen, da killt dich jeder. - Und vor allem man muss erst mal ein Aquarium finden..."

Ein Raum zum Drehen muss her

Das eigentliche Problem ist dann aber, einen Raum für den Dreh zu finden. Neil Davis wird hektisch.
"Eine kleine Panikphase, gehört alles dazu, glaub ich."
Doch bald ist ein lichtdurchfluteter Raum unter dem Dach gefunden, die Kamera aufgebaut:
"Es ist jetzt halb drei, wir drehen unsere erste Szene."
Schauspieler Burghard Schwerz wird mit einem Wikingerhelm und einer Nationalfahne als "Alter Schwede" abgelichtet. In der zweiten Szene dient er als Handmodel: Fisch drauf.
Kameramann:
"Haben wir, und dann Butter drauf, so bleiben, so bleiben. – Super!"
Butter bei die Fische also. Davis übersetzt:
"Komm zur Sache, get to the point now.”
Ein Sprichwort wie gemacht für das Filmen unter Zeitdruck:
"Einen Kurzfilm in so kurzer Zeit zu machen hat viele Vorteile",
sagt Initiator Scheper.
"Man ist spontan. Die Kürze der Zeit trägt auch dazu bei, dass der Film voller Energie ist, weil man einfach so einen Druck verspürt, dass man fertig werden muss."
Abends steht Davis mit einer Tonangel neben einer Bank in der Hamburger Neustadt und nimmt den französischen Dialog zweier Schauspieler ab.

Erschöpft und zufrieden

25 Stunden später sitzt er erschöpft, aber zufrieden in der Abendsonne vorm Gängeviertel.
"Es ist kurz vor acht, eigentlich müssten alle rüber, aber wie gehabt beim KinoKabaret, dauert alles ein bisschen länger. Aber ich bin vor einer Stunde fertig geworden und bin gespannt, wie das jetzt ankommt."
Rüber, in den bestuhlten Club mit der Kinoleinwand. Die Reihen sind gefüllt, einige Zuschauer müssen stehen.
Moderator:
"Welcome to the third Screening of the Hamburger KinoKabaret 2016!”
18 Filme werden an diesem Abend aufgeführt: Zwei Spontanproduktionen haben sich reingemogelt, fünf angekündigte Filme schaffen es nicht. Gescheitert an der Idee, an fehlenden Mitspielern, an einem zu hohen Anspruch, an der Zeit. Was auf die Leinwand kam?
"Totaler Quatsch bis richtig Kunst,
urteilt eine Zuschauerin. Selten lief alles glatt. Oft sparten die Produzenten an der Tonqualität, manchmal war die schnell gezimmerte Story zu wirr, selten haperte es auch am Bild. Ein Film in gelungener Schwarz-Weiß-Ästhetik, eine ironisch verpackte Sci-Fi-Dystopie zu digitaler Überwachung und ein Trailer für das kommende KinoKabaret in Berlin überzeugten.
Auch Neil Davis erntete mit seinen in Szene gesetzten Sprichwörtern viele Lacher beim Publikum.
Mehr zum Thema