"Citizen Science"

Wie wir gemeinsam Wissen schaffen

Die Hobby-Ornithologen Witiko Heuser (l) und Ingo Rösler (r) stehen mit ihren Feldstechern und Spektiven auf dem Dach des Posthochhauses der Commerzbank am Rande des Hauptbahnhofs von Frankfurt am Main
Zwei Hobby-Ornithologen mit Feldstechern und Spektiven auf einem Dach in Frankfurt am Main © picture alliance / dpa / Frank Rumpenhorst
Moderation: Gisela Steinhauer · 24.09.2016
Immer mehr Laien begeistern sich für die Wissenschaft. Viele Projekte können inzwischen mit der Hilfe von Bürger-Forschern realisiert werden. Wir sprechen mit den Biologen Katrin Vohland und Oliver Röller über die Massenbewegung "Citizen Science".
Sie zählen Vögel oder Käfer in ihrer Umgebung, messen die Luftverschmutzung auf ihrem Balkon oder bestimmen ferne Galaxien: "Citizen Science", die Beteiligung von wissenschaftlichen Laien an der Forschung, ist längst zu einer Massenbewegung geworden. Viele Forschungsvorhaben könnten ohne die Hilfe von interessierten Bürgern kaum realisiert werden.

Profunde Kenntnisse der Nicht-Wissenschaftler

"Wir leben in einer Wissensgesellschaft – und die 'Citizen Science ist eine Möglichkeit, sich zu beteiligen", sagt Katrin Vohland vom Museum von Naturkunde in Berlin. Die Biologin koordiniert dort unter anderem die bundesweite Initiative Bürger schaffen Wissen, die bereits mehr als 80 Citizen-Science-Projekte versammelt. Es gibt Initiativen zur Meeresbeobachtung, Gruppen bestimmen Tagfalter, Pilze oder Steine, andere erforschen den Klimawandel. Bürger beschäftigen sich mit Geschichtsthemen, mit Friedhöfen und dem Plastikmüll im Meer – der Forscherlust sind keine Grenzen gesetzt.
Auch das Museum für Naturkunde, mit seinen rund 30 Millionen Sammlungsstücken eines der artenreichsten der Welt, ist auf die Hilfe von Ehrenamtlichen angewiesen. Etwa 100 Amateur-Wissenschaftlerinnen- und Wissenschaftler arbeiten dort regelmäßig mit den Fachkräften zusammen.
Katrin Vohland: "Oft zeigt sich, dass die Nicht-Wissenschaftler profunde Kenntnisse haben, etwa die Insekten- oder Vogelkundler."

Naturbeobachtungen per App melden

"Die professionelle Forschung hat sich von der Laienwissenschaft entfernt", sagt Oliver Röller. Der Biologe war 15 Jahre lang Geschäftsführer des Vereins für Naturforschung und Landespflege Rheinland-Pfalz, POLLICHIA. Seit diesem Jahr leitet er sein eigenes Unternehmen "Natur Südwest", in dem er unter anderem auch die "Citizen Science" unterstützt. Die Laienwissenschaft wird seiner Meinung nach zu oft belächelt – zu Unrecht: "Die regionale Naturforschung bildet die Basis für den Naturschutz."
Röller hat unter anderem die Plattform Artenfinder mit begründet, auf der Interessierte Naturbeobachtungen melden können – auch per App auf dem Smartphone. Er selbst hat bereits über 25.000 Arten gemeldet und an Bestimmungsbüchern zu Vögeln und Tagfaltern mitgearbeitet.
"Arten finden kann süchtig machen", weiß der begeisterte Naturforscher aus eigener Erfahrung. "Viele von uns würden am liebsten jeden Tag rausgehen, um wenigstens ein paar Arten zu finden, zu fotografieren und die Funde dann zu posten."

"Citizen Science" – Gemeinsam Wissen schaffen: Darüber diskutiert Gisela Steinhauer heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit Katrin Vohland und Oliver Röller. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 2254 2254, per E-Mail unter gespraech@deutschlandradiokultur.de – und auf Facebook und Twitter.

Informationen im Internet:
Über die "Citizen Science"-Plattform "Bürger schaffen Wissen": www.buergerschaffenwissen.de
Über Oliver Röller: http://www.oliverroeller.de/
Über die Plattform "Artenfinder": http://artenfinder.de